Auf einen Blick
- Brienzer müssen erneut ihr Zuhause verlassen, Rückkehr wohl erst 2025 möglich
- Angst vor Schuttstrom und Zerstörung des Hab und Guts
- 1,2 Millionen Kubikmeter Fels rutschen 20 Zentimeter pro Tag
Klimawandel nicht schuld an Felsstürzen
Die Schuttlawinen, Felsstürze und Blockschläge haben laut dem Geologen Stefan Schneider nichts mit dem Klimawandel zu tun. Die Ereignisse in Brienz gehen viel weiter zurück. Deshalb könne er sich einen Zusammenhang «beim besten Willen nicht vorstellen», sagt er zur Nachrichtenagentur Keystone-SDA.
Der Beginn der Ereignisse markiert ein Schuttstrom von 1878. Damals rutschen ähnlich grosse Gesteinsmassen rechts oberhalb des Dorfes mit einer Geschwindigkeit von vier Metern pro Tag ab. Eineinhalb Jahre war der Strom in Bewegung, bis er schliesslich 100 Meter vor dem Dorf stoppte.
Schneereicher Winter trägt Mitschuld
Danach folgten immer wieder grössere und kleinere Felsstürze sowie zahlreiche Blockschläge. Und auch der Untergrund des Dorfs ist seit Menschengedenken in Bewegung.
Mutmassungen zufolge könnte jedoch der schneereiche Winter von 1999 die Bewegungen beeinflusst haben, so Schneider. Als damals die riesigen Schneemengen schmolzen, gelang viel zusätzliches Wasser ins Erdreich. Zusammen mit der dort herrschenden Geologie eine gefährliche Mischung.
Das Hochplateau, auf dem Brienz GR liegt, besteht in seinem Untergrund aus Bündner Schiefer und sogenanntem Flysch - einer sehr weichen Gesteinsart. Mischt sich Wasser dazu, entsteht ein schmieriger Brei, wie Schneider weiter ausführte.
Permafrost hat keine Auswirkungen
Zusammen mit der Neigung des Gesteins führt dies nun dazu, dass der Berg oberhalb von Brienz, sowie auch das ganze Dorf rutscht. 2,5 Meter pro Jahr bewegt es sich jährlich talwärts. Bei der sich nun lösenden Schutthalde oberhalb des Dorfes sind es Stand Dienstag rund 20 Zentimeter pro Tag.
Auch auftauender Permafrost habe keine Auswirkungen in Brienz GR. Dafür liegt das Dorf auf rund 1100 Metern viel zu tief. Permafrost findet sich erst ab Höhen von 2300 Metern.
Gemeindepräsident: «Brienz fordert alle»
Damit sind alle Fragen aus der Bevölkerung beantwortet. Gemeindepräsident Albertin richtet sich mit abschliessenden Worten an die Anwesenden: «Versuchen wir die Evakuierung miteinander und nicht gegeneinander zu schaffen. Wir wollen behilflich sein in dieser sehr schwierigen Zeit. Brienz fordert alle, von der Gemeinde bis zur Bündner Regierung.»
Huwiler: Mit Sprengung nichts forcieren
Christian Gartmann liest eine weitere Frage vor. Sind Sprengung und Schuttstrom mit Blick auf das Ergebnis, der Zerstörung des Dorfes, dasselbe? «Wir sollten es nicht forcieren», mahnt Andreas Huwiler. Es könne auch sein, dass sich der Schuttstrom wieder verlangsame.
Wie stabil ist das Plateau?
Wie schätzen die Experten das Plateau ein? «Die Schuttrutschung trägt nicht zur Stabilität des Plateaus bei. Das Plateau wird dadurch nicht instabil werden. Wie sich das Plateau langfristig verhalten wird, wissen wir nicht», sagt Huwiler. Wenn der Entwässerungsstollen fertig ist, sollte die Rutschung laut dem Experten entschärft sein.
Berg könnte abgetragen werden
Könnte man die Schutthalde abtragen? «Die Schutthalde allein können wir nicht abtragen, aber den gesamten Berg. Das könnten wir machen, aber das dauert Jahre oder Jahrzehnte. Das wäre ein gewaltiges Projekt», sagt Andreas Huwiler vom Amt für Naturgefahren.
Kantonsstrasse in Gefahr?
Wird es eine Phase blau geben? «Wenn sich herausstellen sollte, dass es eine Gefahr gibt, die die Kantonsstrasse betrifft, müssten wir die Phase blau ausrufen», erläutert Pascal Porchet.
Gartmann: «Sprechen Sie mit Ihrer Versicherung»
Jetzt geht es um versicherungstechnische Details. «Sprechen Sie mit Ihrer Versicherung», bittet Christian Gartmann die Anwesenden. «Wir werden sehen, dass wir den Vertreter der Versicherer beim nächsten Mal dabeihaben.»
Hitzige Diskussion: «Werden bei dritter Evakuierung nicht mehr gehen»
Gemeindepräsident Daniel Albertin beschwichtigt: «Wir versuchen euch so gut wie möglich zu helfen.» Der Hausbesitzer antwortet: «Etliche werden bei einer dritten Evakuierung nicht mehr gehen. Dann wird es einen Skandal geben.» Albertin entgegnet: «Ihr geht nicht für uns, ihr geht für euch.»
Verzweifelter Hausbesitzer: «Uns hilft niemand!»
«Ich verliere auf meinem Haus 355'000 Franken», klagt ein Mann, der sich an Regierungsmann Porchet wendet. Es geht um eine mögliche Umsiedlung und eine Entschädigung für den Verlust des Hauses. «Die finanziellen Probleme sind für niemanden gelöst. Wir sind nicht blöd», sagt er. «Wir wissen nicht, was wir für unsere Gebäude bekommen», sagt er verzweifelt. «Uns hilft niemand! Unser Land ist im Moment 10 Franken wert.»
Plateau wird wohl oben bleiben
«Wenn es gefährlicher wird, dauert es nicht nur Monate, sondern viel, viel länger», warnt ein Fragesteller. Geologe Stefan Schneider versucht zu beruhigen: «Als die Insel abging, war es ein grösserer Stresstest als jetzt die Schutthalde.» Das Plateau sollte laut dem Experten noch oben bleiben, selbst wenn die Schutthalde herunterkommen würde.
Die Nerven liegen blank. Erneut müssen die Brienzerinnen und Brienzer ihr Zuhause verlassen – dieses Mal wahrscheinlich für mehrere Monate. Wenn es schlecht läuft, kommt es erst im Frühjahr 2025 zu einer Rückkehr.
«Wir müssen in Monaten rechnen – bis in den Frühling 2025. Dies stellt eine enorme Herausforderung dar», sagte Gemeindepräsident Daniel Albertin am Dienstagabend im Rahmen einer Infoveranstaltung. Aktuell rutschen 1,2 Millionen Kubikmeter Fels mit einer Geschwindigkeit von 20 Zentimetern pro Tag ins Dorf hinab. Geologe Stefan Schneider machte klar: Es sieht nicht danach aus, dass die Geschwindigkeit wieder abnimmt.
In Brienz geht die Schuttstrom-Angst um
Bedeutet: Die Einwohner müssen weg. Zunächst gilt die Phase Orange, ab Sonntag, 13 Uhr, die Phase rot – absolutes Betretungsverbot. «Es ist einfach zu gefährlich, sich in Brienz aufzuhalten, mit dieser Situation am Berg. Hier länger, als bis Sonntag zu warten, wäre eine Gefahr gewesen», erklärte Schneider.
Das gefällt nicht jedem. Bei manchen macht sich die Angst breit, dass sie vielleicht nie wieder zurückkommen, der Schuttstrom alles Hab und Gut und das geliebte Gebäude zerstört.
Mehr zur Evakuierung von Brienz GR
Verzweifelter Hausbesitzer meldet sich zu Wort
«Ich verliere auf meinem Haus 355'000 Franken», klagte ein Mann, der sich nach den Statements der Behördenvertreter, zu Wort meldete. Es ging um eine mögliche Umsiedlung und eine Entschädigung für den Verlust des Hauses. «Die finanziellen Probleme sind für niemanden gelöst. Wir sind nicht blöd», sagt er. «Wir wissen nicht, was wir für unsere Gebäude bekommen», schiebt er nach. «Uns hilft niemand! Unser Land ist im Moment 10 Franken wert.»
Gemeindepräsident Daniel Albertin beschwichtigte: «Wir versuchen, euch so gut wie möglich zu helfen.» Dem Hausbesitzer reichte diese dünne Antwort nicht aus.
«Etliche werden bei einer dritten Evakuierung nicht mehr gehen. Dann wird es einen Skandal geben», kündigte er an. Albertin, sichtlich darum bemüht, zu beruhigen, entgegnete: «Ihr geht nicht für uns, ihr geht für euch.»
Brienzer sind besorgt
Die Sorge ist gross, das wird an diesem Abend spürbar. «Wenn es gefährlicher wird, dauert es nicht nur Monate, sondern viel, viel länger», lautete eine andere verzweifelte Wortmeldung.
«Versuchen wir die Evakuierung miteinander und nicht gegeneinander zu schaffen», appellierte der Gemeindepräsident gegen Ende der Veranstaltung. Da hatte sich die Stimmung wieder etwas beruhigt.
Brienz fordere alle, von der Gemeinde bis zur Bündner Regierung, so Albertin. Offensichtlich erfordert die neuerliche Evakuierung vor allem eines: starke Nerven.
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