Der Fall Brian, bekannt geworden unter dem Pseudonym «Carlos», ist einer der berühmtesten Justizfälle der Schweiz. Sieben Jahre lang sass Brian Keller (28) in verschiedenen Gefängnissen und sorgte in dieser Zeit immer wieder für Schlagzeilen. Blick hat den Fall nochmals aufgerollt und die wichtigsten Stationen im Leben des berühmtesten Häftlings der Schweiz zusammengefasst.
Kindheit
Brian Keller wird 1995 in Paris geboren, wo er seine ersten drei Jahre verbringt. Er lebt mit Mutter und Geschwistern in einem afrikanischen Grossfamilienverband, der Vater pendelt zwischen Zürich und Paris. Mit drei Jahren zieht er in die Schweiz, lernt schnell Deutsch und geht im Kindergarten sogar in einen Kurs für Hochbegabte.
Im Teenageralter gerät Brian allerdings in Konflikt mit dem Gesetz: Drogen, Alkohol, Sachbeschädigung und Angriffe. Bereits mit 16 Jahren wird er in der psychiatrischen Uniklinik in Zürich nach einem Suizidversuch für 13 Tage ans Bett gefesselt. Gutachten legen später nahe, dass diese Fixierung unverhältnismässig gewesen sei. Ein Urteil steht bis heute aus.
SRF-Doku
Die mediale Aufmerksamkeit beginnt am 25. August 2013. SRF zeigt eine Dokumentation, in der der damals 17-jährige Brian Keller als «Carlos» vorgestellt wird. Als einer, der immer wieder bei Polizei und Justiz auffällt. Sein Gesicht sieht man nicht, nur seinen muskulösen Körper, seine Hautfarbe und seine kurz rasierten Haare.
Zu diesem Zeitpunkt war er 34 Mal wegen verschiedener Delikte verurteilt worden. Der Kanton Zürich betreut Keller in einem Sondersetting, das monatlich fast 30'000 Franken kostet. «Carlos» wird zum Symbol für Kuscheljustiz, für gewalttätige Jugendliche und Integrationsprobleme.
Wirbel um «Sondersetting»
Die hohen Kosten dieses Sondersettings werden öffentlich stark kritisiert. Auf Druck der Öffentlichkeit schlüsselt die Zürcher Justiz die Kosten auf: Darin enthalten sind unter anderem eine 4-Zimmer-Wohnung, Muay-Thai-Training und Privatlehrer. Die Zürcher Justiz reagiert, das Box-Training wird gestrichen und Keller vorübergehend inhaftiert. Die Inhaftierung ist allerdings rechtswidrig, der Kanton entlässt ihn aus dem Gefängnis.
Im März 2014 wird Keller in ein günstigeres Setting in den Niederlanden aufgenommen. Mitte Juni wird er daraus entlassen, das Kosten-Nutzen-Verhältnis habe nicht mehr gestimmt. Es entsteht das Bild eines Luxus-Gefangenen, der auf Kosten der Steuerzahler ein gutes Leben führt.
Haft und Einzelhaft
Im März 2016 wird Keller erneut gewalttätig: Wegen eventualvorsätzlicher schwerer Körperverletzung verurteilt ihn das Bezirksgericht Zürich zu 18 Monaten Haft. Sein Anwalt kritisiert die Haftbedingungen, das Gefängnis verteidigt sich. Die Mitarbeitenden des Gefängnisses Pöschwies seien mit seiner «beschimpfenden, drohenden, renitenten und aggressiven» Person überfordert gewesen. Im Juni 2017 greift Keller mehrere Aufseher an.
Daraufhin kommt er in Untersuchungshaft in ein anderes Gefängnis. Im Oktober 2019 wirft ihm die Staatsanwaltschaft 29 Delikte vor und fordert eine Freiheitsstrafe von 7,5 Jahren. Schlussendlich wird er zu 6 Jahren und 4 Monaten verurteilt. Bereits seit über einem Jahr befindet er sich zu dieser Zeit in Einzelhaft.
In einem Interview sagt er später über diese Zeit, dass ihn die Einzelhaft psychisch stark belastet habe. Ein UN-Sonderberichterstatter fordert sogar das sofortige Ende seiner Einzelhaft. Im Januar 2022 wird er dann ins normale Haftregime verlegt, wo er auch Kontakt zu Mithäftlingen pflegen kann.
Freilassung
Vor rund einem Jahr verurteilte ihn das Gericht wegen weiterer 30 Taten, darunter Körperverletzungen, Gewalt, Drohungen und Sachbeschädigungen. Die meisten davon soll er in der Justizvollzugsanstalt Pöschwies begangen haben.
Keller kommt erneut in Sicherheitshaft – nur drei Tage, bevor die laufende Haftstrafe abgesessen gewesen wäre. Nun, über zehn Jahre nach der Ausstrahlung des Dokumentarfilms, soll Brian Keller aus der Haft entlassen werden.
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