Die US-Biotechfirma Moderna gehört in der Entwicklung und Herstellung eines Corona-Impfstoffs zur absoluten Weltspitze. Als Europachef hat der in Lausanne aufgewachsene Dan Staner derzeit alle Hände voll zu tun.
SonntagsBlick: Die ganze Welt wartet sehnlichst auf die schnelle Verteilung von Impfdosen. Es müssen turbulente Tage sein in der Chefetage von Moderna!
Dan Staner: Tatsächlich. Die Ereignisse überschlagen sich. Im Dezember wurde unser Impfstoff in den USA und Kanada zugelassen, dann folgten Europa, Grossbritannien und diese Woche nun die Schweiz. Wir arbeiten rund um die Uhr, um alle Länder möglichst schnell mit Impfdosen zu versorgen. Persönlich ist es die aufregendste Zeit meiner Karriere. Aber auch der Druck ist enorm. Die Menschen wollen geimpft werden!
Wo liegen die grössten Herausforderungen?
Wir arbeiten derzeit an vielen Fronten. Der Impfstoff muss produziert, dann über ein internationales Logistiknetzwerk mit Flugzeug und Kühlwagen verteilt werden. Bevor wir das tun können, brauchen wir Zulassungen. Den zuständigen Behörden liefern wir immer noch riesige Datensätze zu den klinischen Tests. Wir haben alle Hände voll zu tun!
Der Impfstoff wird bei Lonza in Visp VS hergestellt, dann in Spanien abgefüllt und über das Drehkreuz Brüssel in die ganze Welt verteilt. Die Dosen für die Schweiz legen dabei fast 4000 Kilometer zurück. Warum so kompliziert?
Klingt kompliziert, ist aber unser täglich Brot. Natürlich stemmen wir nicht alles allein. Wir sind nicht Novartis oder Pfizer. Mit knapp 1300 Angestellten ist Moderna eine relativ kleine Firma. Wir brauchen das Know-how anderer Unternehmen. Gerade mit Lonza und Kühne+Nagel konnten wir erstklassige Partner für diese Herkulesaufgabe gewinnen.
Was gab den Ausschlag, bei Lonza in Visp zu produzieren?
Lonza hat enorm viel Erfahrung auf dem Feld der Biotechnologie. Zudem können wir unsere Herstellungsprozesse nahtlos integrieren. Und die geografische Lage mitten in Europa bringt uns Vorteile in der Logistik. Es ist entscheidend, dass wir die Kühlkette garantieren können. Der Impfstoff muss bei minus 20 Grad Celsius transportiert werden. Sonst verdirbt er.
Eignet sich der Moderna-Impfstoff auch für die Abgabe in Praxen und Apotheken?
Die Entscheidung, wo und wie der Impfstoff verabreicht werden soll, liegt bei den Regierungen. Unser Impfstoff kann bis zu 30 Tage bei zwei bis acht Grad Celsius in normalen Kühlschränken gelagert werden. Es wäre also denkbar. Ob dies geschieht, hängt von der Impfstrategie des jeweiligen Landes ab. Das entscheiden die Behörden und nicht Dan Staner.
Die Schweiz gehörte zu den ersten Ländern, die mit Moderna einen Vertrag abgeschlossen haben. Trotzdem nimmt die Impfkampagne hierzulande nur langsam Fahrt auf.
Ich sehe das anders. Die Schweiz hat auf die richtigen Pferde gesetzt. Mit Moderna und Pfizer/Biontech sind zwei Impfstoffe auf dem Markt, die bereits im Einsatz stehen. Es brauchte viel Mut, noch während der Testphase das Potenzial einzelner Impfstoffe zu erkennen und dann noch zuzuschlagen. Die Schweizer Regierung hat das prima gelöst und muss sich keine Vorwürfe gefallen lassen. Als Bürger dieses Landes sage ich klar: Ich bin stolz auf unsere Regierung!
Bis wann wird Moderna sämtliche 7,5 Millionen Dosen liefern können?
In mehreren Tranchen bis im Sommer 2021. Wir arbeiten mit Hochdruck daran, unsere Produktionskapazitäten stetig auszubauen. Wenn alles wie vorgesehen klappt, könnte knapp die Hälfte der Bevölkerung bis im Sommer mit unserem Impfstoff behandelt werden.
Das Vakzin von Moderna hat diese Woche als zweiter Covid-19-Impfstoff die Zulassung durch Swissmedic erhalten. Die Schutzwirkung liegt gemäss Hersteller bei 94 Prozent. Der Bund hat von Moderna 7,5 Millionen Impfdosen bestellt, das reicht für 3,75 Millionen Menschen.
Das Vakzin von Moderna hat diese Woche als zweiter Covid-19-Impfstoff die Zulassung durch Swissmedic erhalten. Die Schutzwirkung liegt gemäss Hersteller bei 94 Prozent. Der Bund hat von Moderna 7,5 Millionen Impfdosen bestellt, das reicht für 3,75 Millionen Menschen.
Eine sehr optimistische Sicht!
Eine berechtigte Sicht! Die Schweiz sollte im ersten Halbjahr 2021 bei der Versorgung ihrer Bevölkerung mit Impfstoffen in der internationalen Spitzengruppe liegen. Ob dies gelingt, hängt jedoch nicht nur von uns ab. Impfen braucht Zeit und eine effiziente Strategie. Die liegt in der Verantwortung der Behörden.
Überzeugt Sie diese Strategie?
Auf jeden Fall. Ich spreche hier nicht nur als Angestellter von Moderna, sondern auch als verheirateter Vater von zwei Kindern. Die Impfkampagne sollte gelingen. Da bin ich optimistisch.
Wird die Schweiz bei künftigen Bestellungen eine Sonderbehandlung geniessen, weil sie sich als erstes Land für Moderna entschieden hat?
Nein. Jedes Land verdient es, gleich behandelt zu werden. Wir sehen davon ab, Impfstoffe zu bunkern, und erst dann auszuliefern, wenn ein entsprechendes Land ordert. Jede Dosis, die produziert wird, wird gemäss Vertrag sofort geliefert. Die Menschen leiden überall auf der Welt in gleichem Masse. In diesen Zeiten hat niemand eine Sonderbehandlung verdient.
Können Sie sich eigentlich früher impfen lassen, weil Sie an der Quelle sitzen?
Nein, bis jetzt nicht. Ich warte, bis ich an der Reihe bin. Wenn es nach mir ginge, wäre ich schon am ersten Tag geimpft worden.
Ihre Frau hat sich mit dem Coronavirus angesteckt. Hat das Ihre persönliche Sicht auf die Pandemie verändert?
Bestimmt. Meine Frau hat sich im April mit dem Virus angesteckt. Es hat lange gedauert, bis sie wieder auf den Beinen war. Noch heute spürt sie die Nachwirkungen. Leute, die sagen, Corona sei wie eine Grippe, sollten mit Pflegepersonal und Intensivmedizinern reden. Dann würden sie ihre Meinung sehr schnell ändern.
Normalerweise dauert die Entwicklung eines Impfstoffs mehrere Jahre. Wie war es möglich, den Prozess zu beschleunigen?
Wir forschen bereits seit zehn Jahren an mRNA-Vakzinen. Der Durchbruch war nur eine Frage der Zeit. Geholfen hat natürlich auch die unkomplizierte Finanzspritze von US-Präsident Trump. Moderna erhielt über eine Milliarde Dollar Direkthilfe. Ohne die gute Zusammenarbeit zwischen Behörden, Zulassungsstellen und Biotech-Unternehmen hätten wir heute keinen Impfstoff.
Was sagen Sie Skeptikern, die Langzeitschäden befürchten?
Die Angst vor Innovationen und technologischem Fortschritt ist so alt wie die Menschheit selbst. Daran können wir nichts ändern. Aber wir können Transparenz schaffen: Der Impfstoff befindet sich seit etwa einem Jahr in der klinischen Erprobung Wir haben ihn an über 30'000 Menschen unterschiedlichen Alters, unterschiedlicher Herkunft und mit unterschiedlicher Vorgeschichte getestet. Die Daten der klinischen Studien zeigen klar, dass keine schlimmen Nebenwirkungen zu befürchten sind und dass eine starke Wirksamkeit gegen die Krankheit nachgewiesen werden kann. Das gab den zahlreichen Aufsichtsbehörden das Vertrauen, den Impfstoff zuzulassen.
Kann ein Impfstoff in so kurzer Zeit seriös getestet werden?
Ja, sonst hätte uns Swissmedic keine Zulassung erteilt. Die Behörde bombardierte uns regelrecht mit Fragen zu unseren klinischen Studien und dem Herstellungsprozess. Ohne sorgfältige Prüfung wäre unser Impfstoff noch nicht auf dem Markt. Wir haben alle Anforderungen erfüllt.
Ist der Impfstoff auch gegen Mutationen wie die britische wirksam?
Davon sind wir überzeugt. Sollten wir in Zukunft aufgrund von beschleunigten Mutationen Anpassungen an unserem mRNA-Stamm vornehmen müssen, so sollte dies mit unserer mRNA-Plattform innerhalb kurzer Zeit möglich sein.
Noch ist nicht sicher, ob der Impfstoff die Übertragung des Virus verhindern kann.
Das wissen wir tatsächlich noch nicht. Wir werden diese Frage hoffentlich bald beantworten können.
Auch wie lange der Impfstoff wirkt, ist noch unklar.
Das ist die grosse Unbekannte. Doch je besser wir das Virus verstehen und je länger der Impfstoff im Einsatz ist, desto genauere Prognosen können wir liefern.
Es ist also durchaus möglich, dass wir jedes Jahr von neuem geimpft werden müssen?
Wir wissen es noch nicht. Weitere Studien werden diese und andere Fragen bald klären.
Gesundheitsminister Alain Berset (48) hat sich gestern mit den kantonalen Gesundheitsdirektoren über die Lage in der Corona-Pandemie ausgetauscht. Bundesrat und Stände waren sich einig, dass die Impfkampagne aufgrund der schnellen Verbreitung der Mutation beschleunigt werden muss. Auch das Testen soll verstärkt werden, um die Bekämpfung von Ausbrüchen in Pflegeheimen, in Schulen oder an anderen exponierten Orten zu unterstützen.
Der Bundesrat hatte bereits am Mittwoch einschneidende Massnahmen im Kampf gegen das Coronavirus beschlossen. Alle Läden für Güter des nicht täglichen Gebrauchs bleiben ab morgen Montag geschlossen, es gilt eine generelle Homeoffice-Pflicht und an privaten Veranstaltungen dürfen nur noch maximal fünf Personen teilnehmen. Zudem wurden die bisherigen Massnahmen wie die Schliessung von Restaurants um fünf Wochen verlängert. Offiziell wurden bislang fast eine halbe Millionen Menschen in der Schweiz infiziert. Über 20'000 mussten hospitalisiert werden. 7969 Menschen sind gestorben.
Gesundheitsminister Alain Berset (48) hat sich gestern mit den kantonalen Gesundheitsdirektoren über die Lage in der Corona-Pandemie ausgetauscht. Bundesrat und Stände waren sich einig, dass die Impfkampagne aufgrund der schnellen Verbreitung der Mutation beschleunigt werden muss. Auch das Testen soll verstärkt werden, um die Bekämpfung von Ausbrüchen in Pflegeheimen, in Schulen oder an anderen exponierten Orten zu unterstützen.
Der Bundesrat hatte bereits am Mittwoch einschneidende Massnahmen im Kampf gegen das Coronavirus beschlossen. Alle Läden für Güter des nicht täglichen Gebrauchs bleiben ab morgen Montag geschlossen, es gilt eine generelle Homeoffice-Pflicht und an privaten Veranstaltungen dürfen nur noch maximal fünf Personen teilnehmen. Zudem wurden die bisherigen Massnahmen wie die Schliessung von Restaurants um fünf Wochen verlängert. Offiziell wurden bislang fast eine halbe Millionen Menschen in der Schweiz infiziert. Über 20'000 mussten hospitalisiert werden. 7969 Menschen sind gestorben.
Warum sollten sich alle impfen lassen und nicht nur die Risikogruppen?
Diese Frage müssen Sie der Regierung stellen. Ich vertrete die Ansicht, dass sich die Schweizer Behörden für die richtige Impfstrategie entschieden haben. Nämlich erst ältere Menschen und Risikogruppen zu schützen. Dann den Rest.
Sie verlangen zwischen 32 und 37 Dollar pro Dose. Damit gehören Sie zu den teuersten Anbietern. Ein lukratives Geschäft!
Wir haben zehn Jahre lang investiert. Dieser Impfstoff ist unser erstes Produkt. Und natürlich wollen wir Geld verdienen. Damit refinanzieren wir unsere Forschung und treiben neue Innovationen voran. Ich lasse mich jedes Jahr gegen die Grippe impfen. Auch die kostet zwischen 20 und 30 Franken. Und das für eine Technologie, die ein paar Jahrzehnte alt ist und die eine viel niedrigere Wirksamkeitsrate aufweist.
Wie gross schätzen Sie das Potenzial ein, mit mRNA auch andere Krankheiten zu lindern oder gar zu heilen?
Gigantisch. Die mRNA-Forschung fristete in der Vergangenheit ein Nischendasein. Irgendwann hat es klick gemacht. Wir konnten Investoren davon überzeugen, dass dies eine revolutionäre Technologie ist. mRNA wird uns in Zukunft ermöglichen, personalisierte Krebsimpfstoffe oder einen Impfstoff gegen HIV herzustellen. Die Möglichkeiten, die uns mRNA bietet, sind fast grenzenlos. Wir müssen sie nur nutzen!
Gerade in schwierigen Zeiten sind solche Good News wichtig!
Die mentale Gesundheit der Bevölkerung auf der ganzen Welt hat gelitten. Viele Menschen sind gestorben, die Wirtschaft und das soziale Leben kamen komplett zum Stillstand. Nun können wir uns endlich berechtigte Hoffnung auf bessere Zeiten machen.
Sie arbeiten schon Ihr halbes Leben in der Pharmaindustrie. Wie fühlt es sich an, Teil einer solch grossen Sache zu sein?
Es ist ein Privileg, eine Ehre und eine Chance, die man wohl nur einmal im Leben kriegt. Es war wahrscheinlich die beste berufliche Entscheidung überhaupt in meinem Leben, bei Moderna anzuheuern.
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