Corona-Statistik
Sollen nur noch die Ü50-Jährigen erfasst werden?

Die Corona-Situation in der Schweiz spitzt sich weiter zu. Allein in den letzten 24 Stunden mussten 167 Personen hospitalisiert werden – 16 starben. BLICK sprach mit dem obersten Kantonsarzt der Schweiz über die angespannte Lage und über mögliche Lösungen.
Publiziert: 28.10.2020 um 07:00 Uhr
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Aktualisiert: 30.10.2020 um 22:26 Uhr
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Rudolf Hauri ist der Präsident der Vereinigung der Kantonsärzte und Kantonsärztinnen der Schweiz. Mit BLICK sprach er über die aktuelle Corona-Situation.
Foto: keystone-sda.ch
Martin Bruhin

Rudolf Hauri ist der Präsident der Vereinigung der Kantonsärztinnen und Kantonsärzte. Vor den Bundeshausmedien sprach er am Freitag davon, dass das Contact Tracing am Anschlag sei. «Wir haben einen Getriebeschaden», sagte er. Nun steigen die Zahlen weiter.

Innert eines Tages sind 5949 Fälle dazugekommen, wie das Bundesamt für Gesundheit (BAG) am Dienstag meldete. Laut Hauri ist der «Getriebeschaden» des Contact Tracings noch nicht repariert. «Besserung ist bei der momentanen Geschwindigkeit des Anstiegs der Fallzahlen noch nicht in Sicht», sagt er am Dienstag zu BLICK.

Bedarf an Spitalbetten voraussagen

Zur Entlastung des Systems in Deutschland hatte der Virologe Christian Drosten mit der Idee einer «Ü50-Inzidenz» gespielt, wie das Redaktionsnetzwerk Deutschland schreibt. Damit meinte Drosten, nur noch die Corona-Fälle der über 50-Jährigen zu registrieren. Mithilfe dieser Zahl könne man beispielsweise den Bedarf an Spitalbetten vorhersagen.

Denn: Nur die vielen schweren Verläufe älterer Patienten hatten in anderen Ländern dazu geführt, dass Krankenhäusern die Überlastung drohte, heisst es. Das Bundesgesundheitsministerium zeigte sich von Drostens Vorschlag aber unbeeindruckt.

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Wäre diese «Ü50-Inzidenz» etwas für die Schweiz? «In Bezug auf die Abschätzung des Bettenbedarfs hat diese partielle Inzidenz etwas für sich», sagt Rudolf Hauri – auch im Zusammenhang mit der Frage, wer zuerst eine Impfung bekommt. Probleme sieht er aber bei der Umsetzung. «Das Modell sieht in meinen Augen nicht wirklich praxistauglich aus.»

15 Tage vom Beginn der Symptome bis zum Tod

Eine Entlastung hätten die Spitäler aber langsam dringend nötig – die Hospitalisierungen steigen täglich. «Wie gemäss Scientific Task Force zu erwarten war, nehmen sie nun deutlich, teils sprunghaft zu», sagt Hauri. «Die Lageentwicklung in den Spitälern kann als kritisch bezeichnet werden, ist aber unter Kontrolle.»

Sorgen würde auch die steigende Anzahl Toten im Zusammenhang mit dem Coronavirus bereiten. «Bei Todesfällen beträgt die Dauer vom Beginn der Symptome bis zum Tod durchschnittlich 15 Tage», sagt er.

Bedeutende Einschränkungen erwartet

Am Mittwoch wird der Bundesrat über weitere Massnahmen informieren. «Es wird wohl zu bedeutenden Einschränkungen in Bezug auf Ansammlungen und direkte Kontakte kommen», sagt Hauri. Denn es sei nun entscheidend, die Entwicklung der Fallzahlen stark zu reduzieren, um die Behandlung und Betreuung der Kranken sicherzustellen.

Er selbst würde aufgrund der momentanen Situation verschärfte Massnahmen begrüssen. «Angesichts der starken Betroffenheit der meisten Kantone erscheinen weitere nationale Rahmenbedingungen als zweckmässig.»


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