Zu Beginn der Pandemie landeten vorwiegend Senioren in den Spitälern und auf den Intensivstationen. Dann erkrankten zunehmend jüngere Personen an Corona. Nun registrieren die Krankenhäuser eine Zunahme an schwangeren Frauen, die wegen des Virus im Spital behandelt werden müssen.
Das bestätigt das Berner Inselspital gegenüber «20 Minuten». Eine Patientin erkrankte im neunten Monat an Corona und geriet bei der Geburt trotz Sauerstoffmaske in Atemnot. «In der aktuellen vierten Welle haben wir immer wieder Schwangere oder Patientinnen nach frühzeitiger Entbindung aufgrund einer Covid-Infektion auf der Intensivstation», sagt Petra Ming, Sprecherin des Inselspitals. Die Frauen müssten dann auch mehrere Wochen lang bleiben.
Auch ins Zürcher Unispital werden immer mehr werdende Mütter eingeliefert. «In der vierten Welle haben wir tendenziell vermehrt schwere Fälle von Covid-positiven Schwangeren erlebt. Auf der Intensivstation haben wir bisher zwischen 15 und 20 Schwangere betreut», sagt Romana Brun, Oberärztin in der Klinik für Geburtshilfe des USZ. Eine Frau musste gar an die Herz-Lungenmaschine angeschlossen werden.
Risiko von Frühgeburt steigt
Nicht nur für die Mutter kann die Geburt durch die Infektion zu einem Horror-Erlebnis werden, auch für das Baby selbst kann es gefährlich werden. Unter Umständen muss das Kind bereits vor dem eigentlichen Geburtstermin geholt werden, weil die Frau für eine verbesserte Sauerstoffversorgung nicht auf den Bauch gelegt werden kann – wie das häufig bei Patienten auf der Intensivstation gemacht wird.
Auch während der Geburt wirkt sich der Stress der Mutter auf das Baby aus. «Das Kind bekommt den Zustand der Mutter wegen der hohen Stresshormone mit», sagt Andrea Weber, Geschäftsführerin des Schweizer Hebammenverbands SHV, zu «20 Minuten».
Traumatische Corona-Geburten, bei denen die Mutter um Luft ringt, seien mittlerweile keine Einzelfälle, sagt Weber. Laut Daniel Surbek, Chefarzt und Professor für Gynäkologie und Geburtshilfe an der Frauenklinik des Inselspitals, komme es bei Corona-Schwangeren dreimal häufiger zu einer Frühgeburt als bei gesunden Frauen.
Allgemeine Empfehlung seit zwei Wochen
Einige Mütter machen das BAG für die Situation verantwortlich. Die Impfempfehlung für Schwangere sei zu spät erfolgt, sagt eine Mutter, die ihr Kind mit der Sauerstoffmaske gebären musste.
Mitte September verkündete das BAG: «Wir empfehlen die Impfung allen schwangeren Frauen ab der 12. Schwangerschaftswoche – also ab dem zweiten Drittel.» Eine steigende Anzahl von Daten habe gezeigt, dass die Vorteile der Impfung für Schwangere die Risiken einer Erkrankung überwiegen würden, begründete Christoph Berger, Präsident der Eidgenössischen Kommission für Impffragen (Ekif), damals den Entscheid.
Davor galt die Impfempfehlung für Schwangere mit Vorerkrankungen oder mit einem Job im Gesundheitsbereich. Seit Mai war der Piks aber trotzdem für alle Schwangeren möglich, nach Absprache mit einem Arzt und dem Unterzeichnen einer Einverständniserklärung.
Obwohl nun vermehrt Schwangere in den Spitälern landen, sei die gesamte Zahl der Hospitalisierungen in den letzten zwei Wochen um 24 Prozent zurückgegangen, wie die Corona-Taskforce in ihrer neusten Lagebeurteilung schreibt. Nur auf den Intensivstationen bleibt die Situation angespannt. «Wir spüren langsam eine gewisse Stabilisierung – nichtsdestotrotz sind wir nach wie vor zu 90 Prozent ausgelastet», sagt das Inselspital gegenüber Blick. (man)