Christina Steiner (59) ist stinksauer auf Bundesrat Albert Rösti (56). Der Grund: Die Wolfsabschusspläne des Umweltministers. Die Präsidentin der Wolfslobby CHWolf wirft dem SVP-Bundesrat vor, mit falschen Zahlen zu arbeiten. «Die Zahlen von September 2023 zeigen: Dank besserem Herdenschutz geht die Zahl der Risse zurück, obwohl es mehr Wölfe gibt.» Auch ist Steiner überzeugt: Nicht der Wolf ist das Problem, sondern ein zu laxer Herdenschutz. Mit besseren Zäunen und mehr Hunden könne man den Wolf davon abhalten, Schafe zu reissen.
Laut der Tierpflegerin, die zu Hause einen Wolfshund namens Yavo hat, werden Herdenschutzmassnahmen «viel zu oft gar nicht oder nur lückenhaft umgesetzt». Ein Beispiel: Behörden haben zwei Herdenschutzhunde für 900 Schafe als ausreichend eingestuft – dabei bräuchte es eigentlich fünf Hunde. «Ein klarer Rechtsverstoss», sagt Steiner.
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Auch funktionierten die Schutzzäune nicht immer optimal. Mal fliesse kein Strom, mal würden Schafe nicht komplett umzäunt. In den Medien heisse es dann, «trotz Herdenschutz» habe es Risse gegeben.
Aufwendiger Schutz
Was sagen die Hirten? «In den letzten 25 Jahren haben wir viel dazugelernt», sagt Daniel Mettler (51), Leiter der Fachstelle Herdenschutz. Doch bei kleinen Alpen oder bei schwieriger Topografie sei der Schutz zu aufwendig.
Mettler weist den Vorwurf zurück, die Hirten würden zu wenig Hunde einsetzen. «Nur Aufrüsten ist nicht der richtige Weg.» Sowohl mehr Hunde als auch mehr Zäune könnten zu neuen Problemen führen. «Je mehr Hunde, desto grösser die Rudeldynamik», so Mettler. Das verstärke die Ängste bei Wanderern und bedeute Mehraufwand für die Hirten. Durch Zäune wiederum entstünden Barrieren und Risiken für Wildtiere. «Es braucht ein Gleichgewicht zwischen der Regulation der Wolfspopulation und den Investitionen in die Schutzmassnahmen.»
Lukas Berger (35), Präsident des Schweizerischen Schafzuchtverbands, findet den Herdenschutz grundsätzlich eine gute Sache. Aber: «Die Herdenschutzmassnahmen sind mit erheblichem Aufwand verbunden. Trotz Unterstützung des Bundes sind die Kosten für Herdenschutz immer noch hoch.» Ausserdem höre Berger von seinen Mitgliedern immer wieder, dass es zu wenig Herdenschutzhunde gebe.
Auch das Parlament reagiert auf Röstis Abschusspläne. SP-Nationalrätin Martina Munz (67) ist «entsetzt» darüber, was der Umweltminister entschieden hat. Deshalb wird sie nächste Woche eine Interpellation einreichen. Darin schreibt sie: «Die Änderungen der Jagdverordnung verstossen gegen die Verfassung, das Gesetz und die Berner Konvention.» Munz kritisiert unter anderem, dass Rösti auf eine ordentliche Vernehmlassung verzichtet hat. «Mit einer skandalös kurzen Frist von neun Tagen wurden nur wenige Verbände zu einer Stellungnahme eingeladen», schreibt sie.
Fest steht: Der Wolf wird die Schweiz noch eine Weile beschäftigen.
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