Auf einen Blick
- Angeklagter vom Vorwurf der versuchten schweren Körperverletzung freigesprochen
- Der Angeklagte verweigerte die Aussage und arbeitet in einem Kinderhort
- Staatsanwaltschaft forderte 32 Monate Freiheitsstrafe und achtjährigen Landesverweis
Ein 24-jähriger Südamerikaner musste sich am Dienstag vor Gericht verantworten. Er wurde beschuldigt, eine 2000 Grad heisse, brennende Seenotfackel in Richtung gegnerischer Fussballfans geworfen zu haben.
Rückblick: Am 23. Oktober 2021 eskalierte das Zürcher Derby zwischen FC Zürich und Grasshopper Club im Letzigrund, als Hooligans auf die Tartanbahn stürmten. Vermummte FCZ-Chaoten warfen brennende Fackeln in den gegnerischen Sektor. Eine dieser Fackeln wurde dem Angeklagten zugeschrieben.
Vor dem Bezirksgericht Zürich musste sich der Mann zudem wegen Diebstahls, Land- und Hausfriedensbruchs, Beschimpfung bei einer VBZ-Buskontrolle und weiteren Delikten verantworten.
«Reiner Zufall, dass es keine Schwerverletzten gab»
Die Staatsanwaltschaft argumentierte, dass die Tat als Akt von sinnloser und gefährlicher Fangewalt zu bewerten sei, und forderte eine unbedingte Freiheitsstrafe von 32 Monaten. Es sei «nur dem Zufall zu verdanken, dass es keine Schwerverletzten gab», zitiert «20 Minuten» aus dem Gerichtssaal. Zusätzlich wurde ein Widerruf zweier bedingter Geldstrafen und ein achtjähriger Landesverweis für den Angeklagten gefordert.
Es handle sich um eine sogenannte Katalogtat und somit ist ein Landesverweis zwingend. «Der Mann ist nicht einsichtig, die Rückfallgefahr hoch.»
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Dank der Aufnahmen von Überwachungskameras konnte die Stadtpolizei den vermummten Chaoten überführen. Der 24-Jährigen wurde anhand seiner auffällig weissen Jeans, eines Latexhandschuhs und seiner Augenpartie erkannt. In einem anderen Fall konnte er anhand eines Tattoos am Kopf identifiziert werden.
Im Zweifel für den Angeklagten
Die Verteidigung hielt dagegen. Die Beweise seien zu schwach. «Mein Mandant wurde zwar am Tatort gesehen, aber es gibt keine stichhaltigen Beweise dafür, dass er eine Fackel geworfen hat», erklärte die Verteidigerin.
Die Richterin stimmte der Argumentation der Verteidigung zu und sprach den Angeklagten vom Vorwurf der versuchten schweren Körperverletzung frei. «Es gibt Zweifel an der direkten Beteiligung des Angeklagten am Fackelwurf, daher muss er nach dem Grundsatz ‹In dubio pro reo› freigesprochen werden.» Bedeutet: im Zweifel für den Angeklagten.
Für die anderen, weniger schweren Delikte erhielt der 24-Jährige eine bedingte Freiheitsstrafe von einem Jahr und muss zusätzlich eine unbedingte Geldstrafe sowie eine Busse von insgesamt 3300 Franken zahlen. Von der Landesverweisung wurde abgesehen.