Auf einen Blick
- Grippewelle stärker als üblich, Spitäler am Anschlag
- Zehntausende suchen einen Arzt auf
- Die Maskenpflicht ist zurück
Wer in diesen Tagen wissen will, wie es um die Grippesituation am Kantonsspital Winterthur steht, wird vertröstet. «Leider kann ich aufgrund von Absenzen und knappen Ressourcen Ihre Fragen nicht wie gewünscht beantworten», schreibt eine Sprecherin auf Anfrage von SonntagsBlick. Und vielleicht ist diese Antwort vielsagender als so manche Zahlen, die das Spital hätte liefern können – denn das Personal in vielen Kliniken liegt gerade selbst flach.
Die Influenza-Welle scheint dieses Jahr deutlich stärker zu sein als üblich. Fieber, Husten, Gliederschmerzen: Zwischen dem 3. und 9. Februar suchten 28'792 Personen wegen Grippesymptomen einen Arzt auf. Das sind knapp 12 Prozent mehr als in der Woche davor und so viele wie seit fast zehn Jahren nicht mehr.
Bei den meisten Fällen dürfte es sich um die echte Grippe handeln. Zwar zirkulieren auch das RS-Virus und Covid-19, beide aber auf vergleichsweise niedrigem Niveau.
«Höhepunkt noch nicht überschritten»
Obwohl die Zahl der positiv auf Influenza getesteten Personen vor allem in der Westschweiz leicht zurückgegangen ist, gibt das Bundesamt für Gesundheit (BAG) keine Entwarnung. Im Gegenteil: «Der Höhepunkt der Grippewelle scheint noch nicht überschritten zu sein.» Besonders heftig wütet das saisonale Virus derzeit bei Kindern.
Die Spitäler sind am Anschlag. Das Kantonsspital Aarau berichtet von anhaltender Bettenknappheit und vielen Ausfällen beim Personal. Christoph A. Fux, Chefarzt Infektiologie und Infektionsprävention, sagt: «Die Bettenbelegung durch Influenza-Patienten ist aktuell so hoch, dass wir regelmässig internistische Patienten auf den chirurgischen Abteilungen hospitalisieren müssen.»
Maskenpflicht eingeführt
Die Zahl der isolierten Patientinnen und Patienten habe mit bis zu 60 pro Tag einen Höchststand erreicht. Ein Grossteil davon sei an Influenza erkrankt. «Vor allem Personen über 80 Jahre, mit geringen Reserven und Begleiterkrankungen, müssen häufig hospitalisiert werden.» Um Übertragungen im Spital zu reduzieren, habe man eine temporäre Maskenpflicht eingeführt.
Auch an anderen Spitälern ist die Lage angespannt. Die deutliche Zunahme der Belegungszahlen im Januar und Februar seien eine enorme Zusatzbelastung für den Spitalbetrieb und für die Mitarbeitenden, sagt Caroline Johnson vom Universitätsspital Basel. Die erhöhten Ausfälle durch Influenza-Infektionen beim Personal fordere das Gesamtsystem zusätzlich.
Anzeichen für Beruhigung?
Immerhin: Einige Kliniken stellten in den letzten Tagen eine leichte Beruhigung der Situation fest. «Wir haben aktuell weniger Fälle als noch vor zwei Wochen», sagt Walter Zingg, Leitender Arzt für Infektionskrankheiten und Spitalhygiene am Unispital Zürich. Gleichzeitig mahnt er vor zu viel Optimismus: «Eine erneute Zunahme ist sehr gut möglich.»
Klar ist: Den besten Schutz vor der Grippe bietet die jährliche Impfung, die idealerweise ab Mitte Oktober gemacht wird. Das BAG rät insbesondere Seniorinnen und Senioren sowie Menschen mit Vorerkrankungen, sich impfen zu lassen, um schwere Verläufe zu verhindern.
Doch die Schweiz hinkt hinterher: Nur etwas mehr als ein Drittel der Menschen über 65 lassen sich hierzulande gegen die Grippe impfen – deutlich weniger als in fast allen anderen westeuropäischen Ländern.