Zollbrück BE, ein knapp 3000-Seelen Dorf im Emmental: Hier steht seit 150 Jahren der Hauptsitz der Deligno AG, in dem rund 50 Angestellte jährlich etwa 45'000 Kubikmeter Holz verarbeiten. Doch nun steht die Sägerei wegen einer Bau-Einsprache auf dem Prüfstand. Und das nicht etwa, weil sich die zweitgrösste Holzverarbeiterin des Kantons Bern weiter vergrössern will, sondern weil sie sicherer und leiser werden will.
Auf Anfrage von Blick erklärt Deligno-Geschäftsführerin Monika Walser, dass die Firma nun seit zweieinhalb Jahren versuche, die Baubewilligung für eine neue Bandsäge und neue Trockenkammern zu bekommen. «Es gab am Anfang mehrere Einsprecher, die sich wegen Lärm Sorgen machten», erzählt Walser. Daraufhin gab die Firma auf eigene Kosten ganze 236'000 Franken für zusätzliche Lärmschutzmassnahmen und Experten-Gutachten aus. Das Fazit der Gutachten: Die neuen Anlagen würden den Betrieb der Sägerei sogar leiser machen. Fast alle Einsprecher liessen sich davon beruhigen – bis auf ein Ehepaar.
Lärm-Debatte oder Wunsch nach Erholungsgebiet?
Als das Regierungsstatthalteramt Emmental den Bau vor zwei Monaten bewilligte, reichte das Einsprecher-Paar eine Beschwerde bei der Berner Bau- und Verkehrsdirektion BVD ein, welche das Projekt erneut auf Eis legte. Laut Walser kämpfen die Einsprecher in der 26-seitigen Beschwerde nicht länger gegen etwaigen Lärm. «Sie fordern jetzt, dass auf unserem Land ein Naherholungsgebiet umgesetzt wird.» Im Klartext: Die Deligno AG soll verschwinden. Darüber hat der Radiosender Neo1 als Erster berichtet.
Und mittlerweile hat CEO Walser genug: «Wenn das so weitergeht, müssen wir die Bude hier dichtmachen!» Die alte Bandsäge müsse aufgrund ihres Alters spätestens in zwei Jahren ersetzt werden und ohne eine neue Säge wäre der Betrieb in Zollbrück am Ende. «Die einzige Alternative ist ein Umzug. Und wenn wir schon umziehen müssen, dann direkt in einen anderen Kanton, in dem solche Bauverfahren einfacher sind.»
Wegzug wäre «Katastrophe» für Region
Egal ob Schliessung oder Wegzug des Deligno-Hauptsitzes – laut Jürg Rothenbühler, Berner Grossrat und Chef des Berner Holzverbands Lignum, hätte beides schwere Folgen für die Region. «Es wäre, als würde man Biel die Uhren wegnehmen. Es wäre eine Katastrophe.» Die Holzwirtschaft sei im Emmental tief verankert und Deligno die Drehscheibe in der Mitte. «Wenn die Firma wegfällt, bricht nicht gleich das ganze System zusammen. Aber die Transportwege würden sich immens verlängern.»
Christian Baumann, Gemeindepräsident von Lauperswil BE, will den Verlust von Deligno verhindern. Zwar liegt die Firma nur halb auf seinem Gemeindegebiet – die andere Hälfte gehört zu Rüderswil BE. Aber: «Bei einem Wegzug würde die ganze Region leiden.» Zum einen seien da natürlich die vielen Arbeitsplätze und Steuergelder, die Deligno generiere. Dazu komme die von Deligno betriebene Heizzentrale des Wärmeverbunds Zollbrück. «Wenn wir einen neuen Betreiber finden müssten, würde das die Kosten deutlich steigern.»
Dorfbewohner können Einsprache nicht verstehen
Auch im Dorf sorgt die Einsprache und anschliessende Beschwerde für Verwirrung. Ein Anwohner sagt: «Es ist eine Schande.» Doch hauptsächlich ist man im Dorf von der Kritik an Deligno überrascht: «Ich wohne seit über 20 Jahren hier und die Sägerei hat mich nie gestört.»
Tatsächlich hört man am Freitag im Wohnquartier der Einsprecher nur das Rauschen der Emme. Zwar ist Deligno aktuell in den Betriebsferien und die Säge steht still, aber von den laufenden Trockenkammern hört man nichts – weder vom Neu-Modell noch vom etwas lauteren Alt-Modell. Laut CEO Walser kann man die Säge im Wohnquartier zwar hören, «allerdings nur, wenn die Emme nicht viel Wasser hat und auch dann nur dumpf».
Wann das BVD über die Beschwerde entscheidet, kann die Behörde auf Anfrage nicht sagen. Da die Beschwerde erst vor Kurzem eingereicht wurde, dürfte das aber noch eine Weile dauern. Walser will so lange wie möglich mit einer definitiven Entscheidung warten, wie es mit dem Deligno-Hauptsitz weitergeht. «Ich hoffe, dass die Behörden jetzt vorwärtsmachen. Damit wir endlich weiterbauen und hierbleiben können.»
Die Einsprecher wollten sich auf Anfrage nicht äussern.