Vor wenigen Tagen flatterte bei Jonas Scheidegger (22) aus Biel BE unerfreuliche Post ins Haus: Ein eingeschriebener Brief der Staatsanwaltschaft des Kantons Jura. «Ordonnance Pénale» steht darauf in dicken Buchstaben geschrieben – zu Deutsch: Strafbefehl.
Der KV-Stift muss leer schlucken: Er soll 100 Franken Busse und 71 Franken Bearbeitungsgebühren zahlen, weil er rund neun Monate zuvor am Étang de la Gruère, dem Moorsee und beliebten Ausflugsziel bei Saignelégier JU, auf seinem Alphorn ein Ständchen zum Besten gegeben hat.
Ohne Vorwarnung angezeigt
Schon seit sechs Jahren spielt er leidenschaftlich Alphorn und tritt mit seinem Instrument auch bei Veranstaltungen auf. Sein Ziel: Berufsmusiker. Am liebsten musiziere er irgendwo draussen in der Natur und erfreue mit den urchigen Klängen seine Mitmenschen, erzählt er im Gespräch mit Blick. «Und als ich dann im letzten März dort an diesem wunderschönen See gespielt habe, ist plötzlich der Wildhüter auf mich zugekommen.»
Dieser habe ihn darauf hingewiesen, dass das Musikmachen verboten sei. «Er meinte, ich würde im Naturschutzgebiet die Ruhe stören, und er müsse das melden», führt der 22-Jährige aus. Zu diesem Zeitpunkt habe er gar nicht geahnt, dass er sich in der Illegalität bewege. Der Bieler hätte sich darum gewünscht, dass der Wildhüter ihn einfach darauf aufmerksam gemacht und nicht direkt angezeigt hätte: «Es hatte dort zwar ein Schild mit verschiedenen Verboten, doch da stand nichts davon, dass das Musizieren verboten ist. Das muss man offenbar einfach wissen.»
171 Franken Busse oder ein Tag Knast!
Generell findet Scheidegger das Alphorn-Verbot unsinnig: «Es kann doch nicht sein, dass mir hier in der Schweiz verboten wird, dieses Traditions- und Naturinstrument zu spielen.» Auch die Begründung des Wildhüters, dass die Tiere durch den «Lärm» verschreckt würden, verstehe er nicht: «Das ist ein Witz. Wenn ich manchmal am Waldrand spiele, dann kommen die Rehe sogar in meine Nähe und fressen. Das ist etwas vom Schönsten!»
Nachdem er nach dem Vorfall monatelang nichts von den Behörden gehört hatte, hat den Kaufmann im ersten Lehrjahr das Schreiben letzte Woche sehr überrascht und die Höhe der Busse schockiert: «Das ist viel Geld für mich. Und wenn ich nicht bezahle, muss ich sogar einen Tag ins Gefängnis.» Darum überlege er sich nun, Einspruch zu erheben.
Am liebsten hätte Jonas Scheidegger aber, dass das Gesetz angepasst würde. Unterdessen hätte er nämlich auch von zwei anderen Alphornbläsern gehört, die dort ebenfalls gebüsst worden seien.
«Das macht mich traurig und gibt mir zu denken.»