Internet-Kriminelle wollten Francesco Scilingo (66) 2000 Franken abluchsen
«Beinahe wäre ich darauf reingefallen»

Rentner Francesco Scilingo aus Biel BE sucht zum ersten Mal seit 17 Jahren eine neue Wohnung. Schnell findet er seine Traumwohnung. Er will sie besichtigen, doch plötzlich soll er 2000 Franken zahlen.
Publiziert: 29.01.2024 um 00:00 Uhr
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Aktualisiert: 29.01.2024 um 10:17 Uhr
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Zum ersten Mal seit 17 Jahren sucht Rentner Francesco Scilingo aus Biel BE nach einer neuen Wohnung.
Foto: Gina Krückl
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Gina KrücklReporterin

Seit 17 Jahren lebt Francesco Scilingo (66) in seiner Wohnung in Biel BE. Im Dezember lag die Kündigung per Ende April in seinem Briefkasten – das Gebäude müsse wegen eines Wasserschadens grundsaniert werden. Wie lange die Arbeiten dauern: unklar. Wie hoch die Mieten danach sein werden: ebenfalls unklar. Doch sehr wahrscheinlich mehr, als sich Scilingo leisten kann.

Also beginnt der Rentner mit der Suche nach einem neuen Zuhause. Und kann sein Glück kaum fassen, wie schnell er auf Facebook fündig wird. «Die Wohnung war perfekt: tolle Lage mitten in Solothurn, top möbliert und nur 970 Franken inklusive Parkplatz», erzählt Scilingo beim Treffen mit Blick.

Besichtigung via TripAdvisor, weil Vermieterin im Ausland

Die Vermieterin wohnt in Italien und will Scilingo per Mail besser kennenlernen. «Um Vertrauen aufzubauen», wie sie schreibt. Man tauscht Bilder und Lebensläufe aus, ist sich sympathisch. Schnell ist klar: Scilingo bekommt die Wohnung. Er kann einziehen, sobald es ihm passt. Scilingo malt sich bereits sein neues Leben in der alten Heimat Solothurn aus. Ein guter Freund wohnt nur ein paar Strassen weiter. Doch zunächst möchte er die Wohnung besichtigen – laut der Vermieterin kein Problem.

Da die angebliche Vermieterin nicht in die Schweiz kommen kann, schickt sie einen Link zu einem Inserat. Dort soll Scilingo die Wohnung für den gewünschten Zeitraum buchen, um den Schlüssel zur Besichtigung zu erhalten. Die Gebühren will die Vermieterin übernehmen. Sie schreibt: «Bitte vertrauen Sie mir, ich bin eine faire Frau und würde niemals versuchen, dein Geld zu stehlen oder dich ohne Zuhause auf der Strasse zurückzulassen.»

Gebühren machen Scilingo stutzig

Dann soll plötzlich alles ganz schnell gehen, denn die Vermieterin geht nächste Woche in die Ferien. Weswegen die Einladung zum Link nur 24 Stunden gültig sei. Scilingo füllt das Formular aus – und wird aufgefordert, knapp 2000 Franken zu zahlen: Eine Monatsmiete im Voraus und eine weitere als Kaution.

Scilingo wird stutzig und bezahlt nicht. Stattdessen ruft er die Gemeinde Solothurn an. Dort sagt man ihm, dass in diesem Haus keine Eigentumswohnung auf den Namen der ausländischen Vermieterin gibt, sondern das ganze Haus einer Schweizer Stiftung gehört. Für keine der Wohnungen werde ein neuer Mieter gesucht.

Immer mehr Betrugsversuche

Laut der Swiss Marketplace Group (SMG) eine bekannte Masche. Das teilweise der Ringier AG gehörende Unternehmen betreibt mehrere Immobilien-Plattformen, wie etwa Immoscout und Homegate. Wie SMG auf Anfrage von Blick bestätigt, haben solche Betrugsversuche in den vergangenen Jahren kontinuierlich zugenommen. Zwar führt SMG dazu eine Statistik. Diese wird allerdings nicht veröffentlicht, damit Betrüger darin keine neuen Angriffsziele suchen können.

Doch die SMG stellt klar, dass trotz häufiger Betrugsversuche nur wenige solcher Inserate auf ihren Plattformen landen. «Nur ein verschwindend geringer Teil schafft es, durch unser Sicherheitsnetz zu schlüpfen.» Die Immobilien-Plattform Newhome wird auf die Blick-Anfrage etwas konkreter. Demnach werden durchschnittlich jede Woche zwei Fake-Inserate vor der Publikation gestoppt. Und die, die es auf Plattform schaffen, würden meist schnell wieder gelöscht.

Fake-Inserate – Wie man Betrüger erkennt
  • Ist eine Wohnung unschlagbar günstig, sollten die Alarmglocken läuten.
  • Sehen die Fotos im Inserat zu gut aus, kann das ein Warnzeichen sein. Privat-Vermieter lassen selten den Profi-Fotografen kommen.
  • Widersprüchliche Details sind verdächtig, wenn z.B. von einer Badewanne die Rede ist, auf den Fotos aber nur eine Dusche zu sehen ist.
  • Behauptet der Vermieter, im Ausland zu sitzen, könnte es sich um eine Masche handeln.
  • Überweise nie vorab Geld, bevor du die Wohnung gesehen und einen Mietvertrag in der Hand hast!
  • Dennoch auf den Betrug hereingefallen: Sofort der betreffenden Plattform melden und bei der Polizei anzeigen.
  • Ist eine Wohnung unschlagbar günstig, sollten die Alarmglocken läuten.
  • Sehen die Fotos im Inserat zu gut aus, kann das ein Warnzeichen sein. Privat-Vermieter lassen selten den Profi-Fotografen kommen.
  • Widersprüchliche Details sind verdächtig, wenn z.B. von einer Badewanne die Rede ist, auf den Fotos aber nur eine Dusche zu sehen ist.
  • Behauptet der Vermieter, im Ausland zu sitzen, könnte es sich um eine Masche handeln.
  • Überweise nie vorab Geld, bevor du die Wohnung gesehen und einen Mietvertrag in der Hand hast!
  • Dennoch auf den Betrug hereingefallen: Sofort der betreffenden Plattform melden und bei der Polizei anzeigen.

Auch das Facebook-Inserat für Scilingos Wohnung ist mittlerweile verschwunden. «Um ein Haar wäre ich darauf reingefallen», sagt er heute. Doch Scilingo hat seine Lektion gelernt. Wenig später findet er erneut ein interessantes Inserat – die Wohnung ist perfekt, die Miete extrem günstig, der Vermieter angeblich ein Arzt aus Dänemark. Nach einigen Nachrichten bricht der Kontakt ab. «Man wird skeptischer. Ich schaue jetzt mit anderen Augen hin», so Scilingo. Ein neues Zuhause hat er bisher aber noch nicht gefunden.

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