Birol Kaplan (50) aus Strengelbach AG steht vor den Trümmern seines Lebens. Noch vor wenigen Jahren wollte er sich mit seiner Frau ein Haus kaufen. Stattdessen wohnt er heute alleine in einer Mietwohnung. Er wurde Opfer einer Basler Immo-Bande.
Die Täter wurden kürzlich zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilt. Sie verkauften ihren Opfern den Traum vom eigenen Haus – aber die Bande war nur auf die Vorauszahlungen aus. Sie offerierten viel zu günstige Bauprojekte oder priesen Häuser an, die von ihnen gar nie gebaut werden sollten. Auf fremde Projektunterlagen klebten sie ihr Logo.
Zahlreiche Geschädigte machten den drei Betrügern Vorauszahlungen von bis zu 130'000 Franken – oft das ganze ersparte Eigenkapital fürs lang ersehnte Haus. Die Bandenmitglieder nahmen das Geld und liessen nicht mehr von sich hören.
«Die Broschüre sah professionell aus»
Birol Kaplan hatte 35'000 Franken für ein Einfamilienhaus in Oftringen AG angezahlt. Als er merkte, dass das Geld weg war, ging sein Leben in die Brüche. «Denn ich fühlte mich so machtlos. Zwei Jahre lang versuchte ich erfolglos, mein Geld mit Betreibung und Strafanzeige zurückzubekommen – aber ich wurde vom Rechtsstaat enttäuscht.»
Angefangen hatte es mit einem schicksalhaften Wiedersehen im Jahr 2016. Birol Kaplan traf in Aarau auf einen Landsmann, den er von einem früheren Hauskauf her kannte. «Ich erzählte ihm, dass ich mein altes Haus verkauft hatte und mit meiner Frau nun in einer Eigentumswohnung lebte, aber dass wir uns wieder ein Haus wünschten.»
Also vermittelte ihn der Türke an den Spanier Javier H.* (54). «Wir sahen uns mit dem Spanier das Grundstück an, wo die elf Einfamilienhäuser entstehen sollten. Die Broschüre sah auch sehr gut und professionell aus. Wir durften auf den Plänen sogar aussuchen, in welchem Haus wir wohnen wollten. Wir wählten ein Eckhaus», erzählt Kaplan.
«Ich hatte schlaflose Nächte»
Doch kaum hatte er die Anzahlung geleistet, herrschte Funkstille – der Spanier war monatelang nicht mehr erreichbar. Kaplan: «Weil wir ja schon einmal ein Haus gebaut hatten, wussten wir, dass etwas nicht stimmt. Irgendwann wurde uns klar, dass alles ein Fake und der Typ mit unserem Geld abgehauen war.»
Bald kam es deswegen auch zu privaten Problemen. «Man überlegt sich nur noch, wie man das Geld zurückbekommt – und fühlt sich so hilflos. Ich hatte schlaflose Nächte und wurde depressiv. Irgendwann ging ich zum Chef und sagte, dass ich so nicht mehr weiterarbeiten könne. Dabei hatte ich eine gute Stelle als Chemikant.»
Die finanziellen und psychischen Probleme nahmen mit der Arbeitslosigkeit erst recht zu, auch wenn der Spanier unterdessen 15'000 Franken zurückgezahlt hatte. Die Ehe der Kaplans ging in die Brüche, Birol Kaplan zog zu seiner Schwester.
Er wartete 48 Stunden auf den Betrüger
«Ich hatte plötzlich gar nichts mehr. Aber ich hatte auch nichts mehr zu verlieren.» Der Betrüger war immer noch selten bis gar nie erreichbar. «Ich beschloss also, ihn zu suchen – Zeit hatte ich ja plötzlich genug. Bei mir war er an den Falschen geraten!» An zwei Adressen war Kaplan erfolglos, aber an einer dritten fand er die Wohnung des Spaniers. «Er war nicht zu Hause. Also wartete ich fast 48 Stunden im Auto. Dann tauchte er endlich auf.»
Kaplan habe Javier H. am Kragen gepackt. «Dann behielt ich sein Portemonnaie als Pfand, während er in die Wohnung ging, um meine verbleibenden 20'000 Franken zu holen. Er übergab sie mir 20 Minuten später in bar.»
Teilbedingte Haftstrafe für Halbe-Million-Betrug
Doch die Rückzahlung mehr als zwei Jahre nach dem Betrug kam für Kaplan reichlich spät. «Dieser Mann hat mein Leben zerstört», sagt er. Das führte auch zu einem Herzinfarkt. Heute trage Birol Kaplan fünf Stents.
Birol Kaplan arbeitet seit zwei Jahren wieder. Dennoch: «Heute lebe ich alleine in einer Zweieinhalbzimmer-Wohnung statt mit meiner Frau in einem schönen Haus. Wir sind keine Familie mehr. Der Betrug war der Auslöser.»
Man könne «jemanden kaputtmachen, ohne ihn zu berühren», sagt Birol Kaplan. «Und das hat dieser Mann mit mir gemacht!» Über die teilbedingte Strafe von drei Jahren und drei Monaten Knast, die der Spanier erhalten hatte, kann Kaplan nur den Kopf schütteln. «Er hat zahlreiche Opfer hinterlassen und über 500'000 Franken von ehrlichen Leuten gestohlen, die ein Leben lang für ein Haus gespart hatten. Er hat Träume und Leben zerstört. Die Strafe ist viel zu gering. Ich bin einfach nur masslos enttäuscht von der Schweizer Justiz.»
* Name geändert