Wirbel um Stornogebühren am Universitätsspital Basel
Bleiben Mütter nicht im Wochenbett, zahlen sie 600 Franken

Frischgebackene Mütter sollten selbst nach einer einfachen Geburt mindestens eine Nacht im Unispital Basel verbringen, so steht es im Anmeldeformular. Gehen sie früher nach Hause, droht ihnen eine Stornogebühr.
Publiziert: 20.10.2022 um 13:42 Uhr
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Stornogebühren: Will eine Mutter nach der Geburt nicht im Spital bleiben, wirds teuer.
Foto: Getty Images

Frauen, die ambulant gebären, müssen am Universitätsspital Basel (USB) eine Stornogebühr von 600 Franken für das Wochenbett bezahlen, wie die «Basler Zeitung» berichtet. Wer eine Geburt ohne Komplikationen hinter sich hat, ist also gut beraten, trotzdem mindestens eine Nacht in der Geburtsabteilung zu verbringen.

Eigentlich würde man denken, die Spitalverantwortlichen sind um jeden Patienten froh, der die Kapazitäten entlastet und nach Hause kann. Nicht so im Basler Unispital. Auf dem Anmeldeformular für Geburten werden die Gebärenden zu einem stationären Aufenthalt verpflichtet: «Mit der erfolgten Anmeldung geht das USB davon aus, dass die Patientin nach der Geburt auch das Wochenbett (mindestens eine Nacht) in der Frauenklinik verbringen wird. Bei einem früheren Austritt stellt das USB einen Unkostenbeitrag von 600 Franken in Rechnung.»

Die Passage mache den Anschein, dass das USB gar keine ambulanten Geburten vorsieht. Das sei absurd, findet die Basler SP-Grossrätin Salome Bessenich (33). «Dass Gebärende Unkosten für Leistungen übernehmen sollen, die sie nicht bezogen haben und nie beziehen wollten, ist stossend», schreibt sie in einem Vorstoss. «Denn eine Anmeldung nur zur Geburt, ohne Wochenbett, ist laut Betroffenen auch auf Nachfrage nicht möglich.» Besonders problematisch sei zudem, dass diese Kosten ohne Bezug einer medizinischen Leistung auch nicht von der Krankenkasse übernommen würden.

Arbeit im Spital ist nicht gratis

Auch angesichts der intensiven Bemühungen, die Gesundheitskosten zu senken sowie dem Grundsatz «ambulant vor stationär» gehe das Vorgehen des Unispitals in die falsche Richtung, schreibt Bessenich weiter. Wie USB-Sprecherin Caroline Johnson gegenüber der «Basler Zeitung» erklärt, reagiert das Unispital mit den Stornogebühren auf den Trend, wonach Mütter ein Wochenbett reservieren und dann doch nicht in Anspruch nehmen. «Bei einer Anmeldung für eine Geburt mit Wochenbett reservieren wir das Bett, binden Ressourcen und erbringen Vorhalteleistungen», sagt Johnson. Diese Arbeit sei nicht gratis.

Der Grund für die Gebühr ist demnach nicht in erster Linie, dass die Frauen frühzeitig nach Hause wollen, sondern sich vermehrt gleichzeitig bei mehreren Gesundheitseinrichtungen einen Platz reservieren. Bei der von Grossrätin Bessenich kritisierten Passage auf dem Anmeldeformular handle es sich um einen missverständlichen Hinweis, sagt USB-Sprecherin Johnson.

«Eine ambulante Geburt ist immer möglich. Wer sich für eine ambulante Geburt anmeldet und nach der Geburt ohne Übernachtung nach Hause oder in ein Geburtshaus geht, bezahlt keine Stornogebühr.» Und wer für eine ambulante Geburt angemeldet sei und beispielsweise wegen Komplikationen länger bleiben müsse, erhalte selbstverständlich eine stationäre Betreuung.

Regierung soll sich für Praxisänderung einsetzen

Dass sich Frauen vermehrt gleichzeitig bei mehreren Gesundheitseinrichtungen anmelden, wird dem Bericht zufolge auch im auf Geburten spezialisierten Bethesda-Spital registriert. Wie Mediensprecher Daniel Klötzli erklärt, gibt es dort zwar noch keine Stornogebühr. «Es ist jedoch vermehrt festzustellen, dass sich Frauen parallel an zwei Orten gleichzeitig fürs Wochenbett anmelden. In unserem Fall kommen die Frauen dann zur Geburt ins Spital und gehen dann nach einer komplikationsfreien Geburt in ein Geburtshaus.» Damit sicherten sich die Frauen ab, dass man auch ein Wochenbett im Spital habe, sollte es gewisse Herausforderungen rund um die Geburt geben.

Auch im Bethesda-Spital erwägt man daher die Einführung einer Stornogebühr. Klötzli macht einen Vergleich mit einem Zahnarzttermin oder einer Hotelübernachtung, wo es normal sei, dass man diese 24 Stunden im Voraus stornieren müsse.

SP-Grossrätin Bessenich widerspricht: Eine Geburt sei – anders als ein Zahnarzttermin – sehr unvorhersehbar. Es könne zu Komplikationen kommen, was einen längeren Spitalaufenthalt nach sich ziehe. Es könne aber auch gut möglich sein, dass die Entbindung verhältnismässig einfach ist und der Wunsch bestehe, mit dem Kind zu Hause zu übernachten. «Frauen sind in dieser Situation sehr vulnerabel», sagt Bessenich.

Die Grossrätin verlangt von der Regierung, sich für eine Änderung der derzeitigen Praxis am Unispital einzusetzen. In einem Spital mit dem Grundversorgungsauftrag Geburtenhilfe solle man sich ohne Kostenfolgen auch nur zur Geburt anmelden können. (noo)

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