Die Bundesanwaltschaft bestätigt der «Weltwoche», dass sie im Dezember 2019 eine Strafanzeige von SP-Bundesrat Alain Berset (48) wegen des Verdachts der Erpressung erhalten habe. Die Anzeige richtete sich gegen eine der Öffentlichkeit nicht bekannte Frau, wie die Zeitschrift schreibt. Diese habe am 14. September 2020 einen entsprechenden Strafbefehl erhalten.
Der Strafbefehl liegt der «Weltwoche» vor. Er umfasst sechs Seiten. Darin werde beschrieben, wie die Frau unter Beilage von sieben Dokumenten im November und Dezember 2019 mehrere Erpressungsversuche unternommen habe. Bei den Dokumenten handelte es sich um persönliche Korrespondenzen zwischen ihr und Bundesrat Berset sowie um Fotos von Berset.
«Ausstehende Schuld»
Am 21. November 2019 soll die Frau in englischer Sprache ein E-Mail an Berset geschickt haben. In dem Schreiben wurde der Bundesrat zur Bezahlung einer «ausstehenden Schuld» von 100'000 Franken sowie zur Mitteilung eines Termins für die Geldübergabe aufgefordert. Berset sei im Fall der Nichtbezahlung angedroht worden, dass die Frau in der Öffentlichkeit schwerste Vorwürfe aus dem persönlichen Bereich gegen ihn erheben werde.
Die Frau sei am Tag nach der Einreichung der Strafanzeige durch Berset in achtstündige Polizeihaft genommen worden, wie es im Bericht heisst. Die Bundeskriminalpolizei habe von ihr zudem fünf Datenträger – einen Laptop, ein Tablet und drei Smartphones – beschlagnahmt und sämtliche Daten darauf gelöscht. Die Geräte seien auf Werkseinstellung zurückgestellt worden.
Strafbefehl in manchen Teilen geschwärzt
Die Beschuldigte wurde dazu verurteilt, die Verfahrenskosten von 2500 Franken zu tragen. Zudem erhielt sie eine Geldstrafe von 150 Tagessätzen à 30 Franken, aufgeschoben bei einer Probezeit von zwei Jahren. Der Strafbefehl liegt der «Weltwoche» nur in anonymisierter und in manchen Teilen geschwärzter Form vor. Denn «bei beiden Beteiligten sind gewichtige Geheimhaltungsinteressen sowohl in persönlich-familiärer als auch in beruflicher Hinsicht ausgewiesen», wird die Bundesanwaltschaft zitiert.
Nach aussen getragen hätten den Fall Leute aus der Bundesverwaltung, schreibt der Autor des «Weltwoche»-Artikels, Ex-SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli (60). Diese seien über das Vorgehen von Berset und der Bundesanwaltschaft erbost.
Laut Innendepartement gibt es keine verfänglichen Bilder
Peter Lauener, Sprecher des Eidg. Departement des Innern (EDI), erklärt auf Anfrage der Nachrichtenagentur Keystone-SDA, dass der Gegenstand des Erpressungsversuchs «unwahre und ehrverletzende Behauptungen» über das Privatleben von Berset von vor acht Jahren waren.
Die «Weltwoche» kritisiert, dass die Bundesanwaltschaft die vorhandenen Daten offenbar als so gravierend beurteilt habe, dass sie diese sofort habe löschen lassen. Es gebe keine verfänglichen Fotos und auch sonst keine den Bundesrat belastenden Informationen, sagt Lauener dazu. «Bundesrat Berset ist nicht erpressbar.» Als Bundesrat sei er leider immer wieder Opfer von strafbaren Handlungen. (noo)