Es ist ein Frühling zum Vergessen. Der kälteste und nasseste seit 2013, auch Pfingsten fällt ins Wasser. Doch während sich einige daran stören, ihren Grill nicht einweihen, den Rasen nicht mähen oder die Jupes nicht auspacken zu können, jubeln andere. Denn das schlechte Wetter bringt auch Vorteile. Besonders für Allergiker.
Eigentlich würden nun die Gräser blühen, auf deren Pollen die meisten Heuschnupfengeplagten reagieren – nämlich rund 70 Prozent, wie Noemi Beuret vom aha! Allergiezentrum Schweiz sagt. Ausserdem seien zurzeit auch Pollen von Esche, Birke, Platane, Eiche, Hagebuche, Ampfer und Wegerich in der Luft.
Auch Asthmatiker profitieren
Diese würden aber allesamt nicht losfliegen, weil es häufig regne und die sonnigen Abschnitte nur sehr kurz seien. Damit bleibe die Pollenbelastung in der Luft niedrig und Pollenallergiker würden kaum Beschwerde haben. Davon profitieren auch Menschen mit allergisch bedingtem Asthma, je nachdem welche Pollenart ihr Asthma auslöst.
Die Allergie-Expertin warnt allerdings auch: «Sobald es für längere Zeit trocken und warm ist, stürmen die Pollen los und die Belastung steigt schnell an. Mit Ausnahme der Birkenpollen, deren Blüte in den nächsten Tagen zu Ende geht.» Die Saison der Gräser dauere dafür bis in den Spätsommer hinein. Das heisst: Für Menschen mit Heuschnupfen könnte es trotzdem noch herausfordernd werden.
Insgesamt gibt es rund 1,2 Millionen Pollenallergiker in der Schweiz. Das Allergiezentrum rät Betroffenen, einige einfache Massnahmen zu beachten, um Linderung zu erhalten. So helfe es im Alltag, vor dem Schlafengehen die Haare zu waschen, die Wäsche nicht im Freien zu trocknen und bei schönem, windigem Wetter nur kurz an die frische Luft zu gehen.
Bauern haben genug Regen, bessere Sicht – doch nicht bessere Luft
Das schlechte Wetter ist nicht nur für Allergiker gut, auch die Landwirtschaft hat vereinzelte Vorteile. «Das Gute ist, dass wir genügend Regen für das Wachstum der Kulturen haben», heisst es auf Anfrage beim Schweizer Bauernverband. Letztes Jahr sei es um diese Jahreszeit extrem trocken gewesen, wodurch kaum mehr Gras gewachsen sei. Da es bereits 2019 sehr trocken war, sei damals die Angst vor einer erneuten schlimmen Trockenheit gross gewesen. «Es kehrte glücklicherweise dann im Juni», teilt der Bauernverband mit. Dieses Jahr besteht die Angst auf Trockenheit nicht, dafür haben die Bauern mit anderen Problemen zu kämpfen.
Zwiegespalten ob des Wetters ist auch das Bundesamt für Umwelt (Bafu). Zwar begünstige das regnerische Wetter die Luftauswaschung und senke die Feinstaubkonzentration. Ein Grund, warum die Sicht nach Regen am besten sei. Zudem werde durch weniger Sonnenschein weniger Ozon gebildet. Daraus zu schliessen, dass die Luftverschmutzung bei schlechtem Wetter automatisch geringer sei, sei aber nicht zwingend korrekt. Denn wenn es kälter ist, komme es zu mehr Stickoxidemissionen, beispielsweise durch Holzheizungen oder andere Raumwärmer, sagt Richard Ballaman, Verantwortlicher der Abteilung Luftqualität beim Bafu.
Zecken finden genügend Nahrung
Wer übrigens glaubte, dass mit dem schlechten Wetter auch die Zecken verschwinden, irrt. «Im Gegenteil, die Tiere mögen es, wenn es feucht ist», sagt Werner Tischhauser, Vizepräsident der Zeckenliga Schweiz. Auch die kühlen Temperaturen spielen keine Rolle. «Wenn es mehr als sieben Grad hat, sind die Zecken grundsätzlich aktiv.»
Aber haben sie es wenigstens schwieriger, sich zu ernähren, weil weniger Menschen draussen sind? «Auch da muss ich enttäuschen. Zwar werden weniger Zeckenbisse verzeichnet als im Rekordjahr 2020, aber ähnlich viele wie 2019.» Zudem gebe es nebst dem Menschen rund hundert weitere Organismen, denen die Zecken Blut saugen können, «die An- oder Abwesenheit von Menschen fällt da nicht so ins Gewicht», sagt Tischhauser.
Das schlechte Wetter bringt also durchaus Vorteile, doch die Nachteile überwiegen. Positiv ist darum vor allem, dass bei allem Unwetter bessere Zeiten anstehen. Oder wie der deutsche Dichter Theodor Fontane (1819 – 1898) einst so wunderbar über den Frühling schrieb: «Er kam, er kam ja immer noch».