«Für mich grenzt es an Erpressung»
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Bewohnerin zu Klausel:«Für mich grenzt es an Erpressung»

284 Mietparteien der Vita-Siedlung bald auf der Strasse
Das sagen Eigentümerin und Gemeinde zum Massen-Rauswurf

Am Mittwoch erhielten die Mieter der Vita-Siedlung in Langnau am Albis die Kündigung auf Ende September. Jetzt nehmen der Gemeindepräsident und die Immobilen-Besitzerin Stellung.
Publiziert: 14:26 Uhr
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Aktualisiert: 15:04 Uhr
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284 Mietparteien der Vita-Siedlung in Langnau am Albis ZH erhielten überraschend die Kündigung.
Foto: keystone-sda.ch

Darum gehts

  • 284 Mietparteien in Langnau am Albis erhalten Kündigung für Sanierung
  • Gemeindepräsident zeigt Verständnis, betont aber Notwendigkeit des Umbaus
  • Nach Umbau: Wohnfläche steigt um 120%
Die künstliche Intelligenz von Blick lernt noch und macht vielleicht Fehler.

Es war ein Schock für 284 Mietparteien der Vita-Siedlung in Langnau am Albis, als sie am Mittwoch die Kündigung erhielten. Bis Ende September sollen die Mieter ausziehen – ausser sie verzichten darauf, rechtlich gegen die Kündigung vorzugehen. In diesem Fall könne die Kündigungsfrist um ein Jahr verlängert werden.

Die Bewohner reagierten mit Empörung. Stimmen wurden laut, eine Interessengemeinschaft zu gründen, um sich gegen das geplante Vorhaben zu wehren. «Wir wissen nicht, wie es weitergeht», war nur eine der Reaktionen. Die Vorwürfe gegen die Eigentümerin des Gebäudes: Man bekomme keine Unterstützung. In Anbetracht der prekären Lage auf dem Wohnungsmarkt sorgt dies für viel Enttäuschung in der Siedlung.

Eigentümerin betont Notwendigkeit der Sanierungen

Jetzt nimmt die Eigentümerin, die Zürich-Versicherung, gegenüber Blick Stellung: «Die Gartensiedlung wurde in den frühen 60er-Jahren gebaut, weshalb ein objektiver Sanierungsbedarf besteht», heisst es von einem Sprecher. Wesentliche Bereiche müssten komplett erneuert oder saniert werden. Erste Visualisierungen des Projekts gibt es bereits.

Konkret betreffe dies die gesamte Gebäudehülle (Fassade, Dach und Fenster), zur Verbesserung der energetischen Situation inklusive Heizsystem. Weiter umfassen die Renovierungen Küchen und Bäder, sämtliche Ver- und Entsorgungsleitungen, sämtliche Bodenbeläge sowie die Allgemeinbereiche und sicherheitsrelevanten Elemente. Der Baustart ist für den 1. Oktober 2026 geplant.

Stand heute befinden sich nach Angaben der Eigentümerin in der Überbauung 265 Wohnungen mit insgesamt rund 19’800 Quadratmeter Wohnfläche. Nach der Sanierung sollen 550 Wohnungen mit einer totalen Wohnfläche von 43’600 Quadratmeter vorhanden sein. Das sei eine Steigerung der Wohnfläche um 120 Prozent, betont der Mediensprecher. «Die Zürich-Versicherung hat das Projekt in enger Abstimmung und mit Unterstützung der Gemeinde Langnau erarbeitet», wird ergänzt.

Zu den Vorwürfen der Mieter, wonach man sich alleine gelassen fühlt, sagt der Sprecher nichts.

Gemeindepräsident zeigt Verständnis für enttäuschte Bewohner

Laut Apleona Schweiz AG, der Liegenschaftsverwaltung der Vita-Siedlung, gehörte auch der Gemeindepräsident von Langnau am Albis, Reto Grau, zur Jury, die die Entscheidung für die Sanierung und damit die Massenkündigung traf.

Reto Grau (59) sieht dies anders, wie er auf Blick-Anfrage erklärt: «Das Ganze war ein Gesamtleistungswettbewerb veranstaltet durch die Eigentümerin – die Zürich Lebensversicherungs-Gesellschaft AG. Ich vertrat dort in der Jury die Gemeinde und habe lediglich architektonische und gestalterische Inputs gegeben. In dem Gremium ist jedoch nie über Kündigungen oder das Verfahren diskutiert worden.» Die Gemeinde sei zwar von Kündigungen ausgegangen, habe jedoch ein etappiertes Vorgehen erwartet.

Reto Grau zeigt sich verständnisvoll: «Jeder aus dem Gemeinderat kann die Enttäuschung der Bewohner verstehen. Es ist natürlich eine schwierige Situation.» Auch habe es Anzeichen dafür gegeben. «Es hat seit Jahren jeder gewusst, dass es einmal so kommen wird.» Nur der konkrete Kündigungszeitpunkt sei noch nicht klar gewesen. Die Mietverträge seien deshalb auch stets befristet aufgesetzt worden.

Doch: «Die Sanierung war nötig, das ist unbestritten!», verdeutlicht der Gemeindepräsident. Er betont die zukünftige Erweiterung des Wohnraums für Langnau. Einen Mietanstieg nach dem Umbau bezweifelt Grau: «Langnau wird hier keine Hochpreis-Wohnungen haben. Ausserdem werden hier so viele Wohnungen freistehen, da kann man nicht mit hohen Preisen rein, sonst wird man die Wohnungen nicht vermieten können.»

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