Sein Nationalratsmandat gab SVP-Mann Walter Wobmann (66) vergangenes Jahr ab. Politisch bleibt der Solothurner aber weiter aktiv. Sein derzeit wichtigster Auftrag: Er führt das Komitee für die Neutralitäts-Initiative an.
Das von der Organisation Pro Schweiz lancierte Begehren will die «immerwährende und bewaffnete Neutralität» in der Verfassung verankern. Zudem dürfte die Schweiz keinem Militär- oder Verteidigungsbündnis beitreten, ausser bei einem direkten militärischen Angriff auf die Schweiz. Auch «nichtmilitärische Zwangsmassnahmen» gegen kriegführende Staaten würden untersagt, sofern sie nicht von der Uno beschlossen wurden.
Im Blick-Interview erklärt Wobmann, warum er das Stimmvolk von einem Ja überzeugen will.
Blick: Herr Wobmann, Sie sollen die Neutralitäts-Frage vors Volk bringen. Auftrag erfüllt?
Walter Wobmann: Ja, die Initiative kommt zustande. Wir haben gegen 140'000 Unterschriften gesammelt und gegen 110'000 Unterschriften sind bereits beglaubigt. Am 11. April um 14 Uhr werden wir die Initiative bei der Bundeskanzlei einreichen. Bis dahin sammeln wir weiter.
Damit befeuern Sie angesichts des Ukraine-Kriegs eine hochaktuelle Debatte.
Es ist genau der richtige Zeitpunkt, um die Frage zu klären. Nicht nur wegen des Kriegs in der Ukraine, sondern auch wegen der drohenden Anbindung an die Nato. Die immerwährende Neutralität ist ein Friedensmodell für die Schweiz, das wollen die Leute nicht aufs Spiel setzen. Während über 200 Jahren wurden wir dadurch von Kriegen verschont.
Die Neutralität funktioniert also! Es gibt keinen Grund, sie noch stärker in der Verfassung festzuschreiben.
Doch! Die aktuelle Entwicklung zeigt, dass die Neutralität ständig verwässert wird und noch stärker aufgeweicht werden soll. Dies wird dann in Worthülsen wie «flexible», «differenzierte» oder «aktive» Neutralitätspolitik gehüllt. Gewisse Kreise wollen Neutralität nur von Fall zu Fall. Diese Entwicklung wollen wir stoppen. Entweder ist man neutral oder nicht. Da gibt es keine halben Sachen. Ebenso wenig, wie eine Frau halbschwanger sein kann.
Mehr zur Neutralitäts-Debatte
Der russische Angriffskrieg belegt doch, dass Neutralität im Grunde gar nicht möglich ist. Wer «neutral» bleibt, ergreift für den Aggressor Partei!
Ein Staat kann auch in dieser Situation neutral bleiben und damit eine besondere Rolle übernehmen. Es eröffnet ihm die Möglichkeit, zu vermitteln und Frieden zu stiften. Für einen Kleinstaat wie die Schweiz wäre das eine ehrenhafte Aufgabe und mit dem internationalen Genf hätten wir wunderbare Voraussetzungen dafür. Doch mit der Übernahme der EU-Sanktionen gegen Russland haben wir uns diesen Weg verbaut. In den Augen der Russen sind wir nicht mehr neutral.
Wenn wir die EU-Sanktionen nicht mittragen würden, würden wir uns zum Aussenseiter machen.
Wir sind ein eigenständiges Land und können selber entscheiden. Die EU-Sanktionen sind ein Schuss in den Ofen und haben für den Frieden nichts gebracht. Ich möchte aber klar betonen: Von der Uno beschlossene Sanktionen kann die Schweiz weiterhin mittragen.
Trotzdem: Das Verständnis für eine strikte Neutralität bröckelt, wie der Bericht «Sicherheit 2023» zeigt. Eine Mehrheit will sogar eine Annäherung an die Nato.
Wenn den Leuten aufgezeigt wird, was eine Annäherung oder gar eine Nato-Mitgliedschaft bedeutet – nämlich die Kriegsbeteiligung von Schweizer Soldaten für andere Länder und fremde Interessen –, sieht es anders aus. Die Mehrheit will kein Kriegerlis spielen. Nur, wenn wir direkt angegriffen werden, dürfen wir uns mit anderen verbünden. Werden wir zur Kriegspartei gemacht, müssen wir uns wehren.