Den Aussenpolitikern im Parlament reisst allmählich der Geduldsfaden. Seitdem der Bundesrat im Mai 2021 die Verhandlungen mit der EU über das Rahmenabkommen abgebrochen hat, ist das Verhältnis zu Brüssel kompliziert – und ein Plan B ist nach wie vor nicht in Sicht. Im Parlament wächst denn auch das Misstrauen, dass sich das in naher Zukunft noch ändern wird.
Schon lange wartet das Parlament auch auf den längst angekündigten Europa-Bericht aus dem Aussendepartement von Bundespräsident Ignazio Cassis (61). Die Ungeduld wächst. Immer mehr stellen Parlamentarier nun den Führungsanspruch des Bundesrats in der Aussenpolitik infrage. Immer mehr wollen die Sache selber in die Hand nehmen.
Parlament will öffentliche Debatte
Nach der Aussenpolitischen Kommission (APK) des Ständerats fordert nun auch die Schwesterkommission im Nationalrat mehr Einfluss. Nach einem Treffen mit alt Staatssekretär Mario Gattiker (65) hat sie mit 18 zu 7 Stimmen eine Motion mit dem sperrigen Titel «Einfacher Bundesbeschluss zum Bericht des Bundesrates zu den Beziehungen Schweiz-EU» beschlossen.
Nehmen die Räte den Vorstoss an, hätte das Parlament die Möglichkeit, über diesen Bericht zu diskutieren – was es sonst nicht könnte. «Ziel der Kommission ist eine öffentliche Debatte über die Europapolitik», erklärt Kommissionspräsident Franz Grüter (59, SVP). So werde auch die Öffentlichkeit informiert.
Bundesrat soll Führungsstärke zeigen
Für SP-Aussenpolitiker Eric Nussbaumer (62) ist das dringend nötig. «Wo gibt es das sonst noch?», fragt er auf Twitter. «Unser Bundesrat macht Europapolitik mit Geheimpapieren. Gattiker-Bericht mit politischen Folgerungen steht der Legislative auch nach der Sommerpause immer noch nicht zur Verfügung.»
Noch ist kein Datum bekannt, wann der Bundesrat seinen Europa-Bericht präsentieren wird. Nationalrätin Elisabeth Schneider-Schneiter (58, Mitte) forderte, dass der Bundesrat nun Führungsstärke zeigen und endlich «vorwärtsmachen» solle. (dba/SDA)