Tot und begraben: Das Rahmenabkommen mit der Europäischen Union ist definitiv Geschichte. Die Landesregierung unterschreibt den Vertrag nicht, gaben Bundespräsident Guy Parmelin (61, SVP), Justizministerin Karin Keller-Sutter (57, FDP) und Aussenminister Ignazio Cassis (60, FDP) heute bekannt.
Am Mittwoch ist die Staatssekretärin Livia Leu (60) nach Brüssel gereist, um der EU-Verhandlerin Stéphanie Riso (45) den Brief mit der offiziellen Absage zu übergeben.
Interessen der Schweiz verteidigen
Cassis betonte, man habe in den Gesprächen «wichtige Konzessionen gemacht». Letztlich gehe es aber darum, die wesentlichen Interessen der Schweiz zu verteidigen.
Bei den drei zu klärenden Punkten habe der Bundesrat kaum mehr Spielraum gehabt. Beim Lohnschutz sei die EU nicht bereit gewesen, das eigentliche Ziel der Schweiz – die Sicherung der flankierenden Massnahmen – zu garantieren, sagte Cassis. «Der Schutz vor Lohndumping wäre nicht mehr gewährleistet gewesen.»
Bei den staatlichen Beihilfen habe sich zwar eine mögliche Einigung abgezeichnet. «Aber nur, wenn beim Lohnschutz und der Unionsbürgerrichtlinie Lösungen erzielt worden wären.»
Bilateraler Weg bleibt
Letztlich vertraut die Schweiz nun auf die Fortsetzung des bilateralen Wegs. Keller-Sutters Justizdepartement wurde beauftragt, zu prüfen, wie das bilaterale Verhältnis «mit möglichen autonomen Anpassungen im nationalen Recht stabilisiert werden könnte». Bestehende Verträge sollen also aktualisiert oder ausgebaut werden.
Es sei dabei aber nicht das Ziel, «wo immer möglich einseitig EU-Recht zu übernehmen» – und es werde auch «kein Fitnessprogramm für die Schweizer Wirtschaft», betonte die FDP-Bundesrätin.
Die Schweizer Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hätten den bilateralen Weg immer wieder an der Urne bestätigt, sagte Keller-Sutter. Die Schweiz sei zwar kein EU-Mitglied, aber in keinem anderen Land habe das Volk zu Geschäften mit der EU öfter Stellung genommen und Ja gesagt. Man wolle in erster Linie die Beziehungen zum wichtigsten Handelspartner stabilisieren.
EU bedauert Entscheid
Die Reaktion der EU liess indes nicht auf sich warten. Die EU-Kommission zeigt sich enttäuscht über den Entscheid. Man werde nun die Folgen sorgfältig analysieren.
Hauptzweck des Abkommens wäre gewesen, für alle im EU-Binnenmarkt gleiche Bedingungen herzustellen. «Das ist eine grundsätzliche Frage der Fairness und der Rechtssicherheit.» Privilegierter Zugang zum Binnenmarkt, wie ihn die Schweiz habe, setze voraus, «dass alle die gleichen Regeln und Pflichten respektieren», heisst es weiter.
Nun müsse sich die Schweiz aber im Klaren sein, dass ohne dieses Rahmenabkommen die Modernisierung der laufenden Beziehungen unmöglich sei und die bestehenden bilateralen Abkommen zwangsläufig veralten würden. (gbl)