Nach seinem Rücktritt aus dem Bundesrat sucht alt SP-Bundesrat Alain Berset (51) einen neuen Job. Und zwar in Strassburg. Berset kandidiert für das Amt des Generalsekretärs des Europarates. Das teilte das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten am Mittwochabend mit.
Ein Amt mit Prestige – und Privilegien: Nicht nur stünde Berset nach diplomatischem Protokoll auf Stufe eines Staats- und Regierungschefs. Wie die «Aargauer Zeitung» berichtet, würde er mehr als 300'000 Euro pro Jahr verdienen und nicht einmal versteuern müssen. Auch Miete müsste er nicht bezahlen: Gratis-Wohnsitz des Generalsekretärs des Europarats ist die Villa Massol im Zentrum Strassburgs. Auch über einen Privatchauffeur verfügte er dann.
Ein Belgier ist sein schärfster Konkurrent
Doch den EU-Posten will nicht nur Berset. Ebenfalls sein Interesse angemeldet hat der amtierende EU-Justizkommissar Didier Reynders (65). Er dürfte Bersets grösster Konkurrent sein. Wer ist der Mann, und wie stehen Bersets Chancen?
Reynders kann auf eine 20-jährige Karriere als Minister zurückschauen. Er wurde 1999 von König Albert II. (89) als belgischer Finanzminister vereidigt, bevor er 2011 Aussenminister wurde. 2019 ernannte ihn die Regierung in Brüssel dann für das Amt des EU-Kommissars unter Kommissionschefin Ursula von der Leyen (65).
Er gehört der liberalen Partei Mouvement Réformateur an und interessierte sich schon 2019 für den Posten des Generalsekretärs. Damals unterlag er der Kroatin Marija Pejcinovic Buric (60). Sie will nun nicht erneut kandidieren.
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Reynders hatte in den letzten Monaten immer wieder die Aufmerksamkeit der Medien auf sich gezogen. Etwa, als er letztes Jahr in seiner Rolle als Justizkommissar verkündete, dass die EU im Zuge der Sanktionspakete gegen Russland mehr als 17 Milliarden Euro russisches Vermögen eingefroren habe.
Ebenfalls einen Namen macht er sich, als er mit Polen und Ungarn um mehr Rechtsstaatlichkeit rang. Kritik brachte ihm dabei ein, dass die EU blockierte Milliarden für Ungarn im Dezember freigab. Reynders sagte damals, Ungarn habe mit den jüngsten Justizreformen alle vereinbarten Anforderungen erfüllt.
Auch wenn der Europarat mit der EU nichts zu tun hat: Die meisten Staaten sind Mitglieder in beiden Organisationen, und seine Karriere macht Reynders zum idealen Kandidaten. Er gilt ausserdem als international sehr gut vernetzt. Andererseits wurde er bereits einmal verschmäht.
Wahl im Sommer
Ebenfalls sein Bewerbungsdossier einreichen für den Job als Generalsekretär will der estnische Sozialdemokrat und Schauspieler Indrek Saar (50). Der ehemalige estnische Kulturminister ist international allerdings wenig bekannt, seine Kandidatur sollte Berset nicht gefährlich werden.
Der Job vergeben wird von der Parlamentarischen Versammlung des Europarats für einen Zeitraum von fünf Jahren. Das Ministerkomitee will im März separate Job-Interviews mit den drei Bewerbern führen und eine endgültige Kandidatenliste festlegen. Diese wird dann der Parlamentarischen Versammlung des Europarates übermittelt. Sie wird dann den Entscheid im Juni 2024 fällen. Der Amtsantritt ist im September geplant. (sie)