Darum gehts
- Liechtenstein verlost Aufenthaltsbewilligungen zweimal jährlich per Lotterie
- Chancengleichheit durch Zufallsprinzip, nicht Beamte allein entscheiden über Aufenthalt
- 1692 Personen nahmen 2024 teil, Rekord bei nächster Ziehung
Es ist die wohl ungewöhnlichste Lotterie Europas – auch wenn es kein Geld zu gewinnen gibt! Die Basis: reines Glück. Der Jackpot: ein Leben in einem der reichsten Länder der Welt. Die Nachfrage: so hoch wie noch nie.
Zweimal im Jahr verlost Liechtenstein Aufenthaltsbewilligungen. Bald ist es wieder so weit. Dann entscheidet nicht das Portemonnaie, nicht der Einfluss, nicht der Lebenslauf. Sondern der Zufall. Das Verfahren erinnert ein wenig an die Vergabe von Greencards in den USA. Aber es ist ein fester Bestandteil der Einwanderungspolitik des Landes, das der Schweiz sehr nahesteht.
Die Auslosung nach dem streng demokratischen Zufallsprinzip soll für Chancengleichheit sorgen. Nicht Beamte allein entscheiden, wer bleiben darf und wer nicht – hier sind alle gleich.
Dass Liechtenstein eine Verlosung zur Vergabe von Aufenthaltsbewilligungen durchführt, liegt an seiner Sonderrolle im Europäischen Wirtschaftsraum (EWR). Als das Land in den 1990er-Jahren dem EWR beitrat, erhielt es aufgrund seiner Kleinräumigkeit das Recht, die Zuwanderung zu begrenzen.
Viele Grenzgängerinnen und Grenzgänger aus der Schweiz
Liechtenstein hat rund 40'000 Einwohnerinnen und Einwohner, aber noch mehr Arbeitsplätze. Mehr als die Hälfte der Beschäftigten sind ausländische Grenzgängerinnen und Grenzgänger (mehrheitlich aus der Schweiz). Liechtensteinerinnen und Liechtensteiner ihrerseits können sich im gesamten Wirtschaftsraum sowie in der Schweiz frei niederlassen.
Konkret ist das Fürstentum verpflichtet, jährlich 56 Bewilligungen für Erwerbstätige und 16 für Nichterwerbstätige an Staatsangehörige aus dem EWR-Raum zu vergeben. Je die Hälfte davon muss in einem «chancengleichen Verfahren» vergeben werden – darum die Auslosungen.
Mitmachen darf, wer keine Vorstrafen hat, seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten kann und mindestens eine Stelle in Aussicht hat. Die Teilnahme an der Vorverlosung kostet 100 Franken, die Teilnahme an der Endverlosung zusätzlich 500 Franken. Wer gezogen wird, erhält eine Aufenthaltsbewilligung für fünf Jahre. Mit Option auf Daueraufenthalt.
Rekordansturm bei «Aufenthalts-Lotterie»
Insgesamt 1692 Personen – 840 im Frühjahr und 852 im Herbst – nahmen im vergangenen Jahr an der «Aufenthalts-Lotterie» teil. So viele wie noch nie. Im laufenden Jahr geht der Ansturm ungebrochen weiter, wie das zuständige Ausländer- und Passamt des Fürstentums auf Blick-Anfrage bekanntgibt: Für die bevorstehende erste Ziehung haben sich total 879 Personen angemeldet. Ein neuer Spitzenwert, heisst es aus Vaduz.
Der Ansturm dürfte mit der Digitalisierung des Verfahrens zusammenhängen. Seit 2024 läuft die Anmeldung komplett online – vorher wurde per Hand verlost. Die Behörden sind damit sehr zufrieden. Das neue Verfahren beschleunige den Prozess und reduziere den Aufwand – sowohl für die Bewerberinnen und Bewerber als auch für das Amt.
Über Familiennachzug kommen noch mehr
Seit einem Vierteljahrhundert gibt es die etwas andere Lotterie. «Das Auslosungsverfahren ist einfach und hat sich in der Praxis bewährt», bilanziert man beim Ausländer- und Passamt.
Speziell ist auch die Vergabe der übrigen 36 Aufenthaltsbewilligungen. Sie gehen nicht wie anderswo an Hinz und Kunz, sondern werden von der Regierung gezielt vergeben – oft an hochqualifizierte Fachkräfte. Und auch für die Schweiz, die nicht dem EWR angehört, gilt eine Höchstzahl. Insgesamt 17 Aufenthaltsbewilligungen werden pro Jahr vergeben – ohne Losverfahren.
Allerdings muss auch gesagt werden: Über den Familiennachzug erhalten deutlich mehr Menschen eine Aufenthaltserlaubnis, als die festgelegten Kontingente vermuten lassen würden. Nach Angaben der Behörden werden jährlich zwischen 400 und 500 zusätzliche Aufenthaltsbewilligungen auf diesem Weg erteilt.
Ach ja: Ein eigenes, klassisches Zahlenlotto hat Liechtenstein nicht. Das Land beteiligt sich an Swiss Lotto. Im Gegensatz zur «Aufenthalts-Lotterie» kann es hier nicht allein die Kontrolle behalten.