Im Dezember sägte der Rotkreuzrat (RKR) den seit 2008 amtierenden Direktor des Schweizerischen Roten Kreuzes (SRK), Markus Mader (59), ab. Jetzt steht die Präsidentin des Rotkreuzrats, die frühere Zürcher CVP-Nationalrätin Barbara Schmid-Federer (57), in der Kritik.
Ein externes Unternehmen hat die Ereignisse rund um die Absetzung durchleuchtet – und plötzlich stellt sich die Frage, ob nicht Schmid-Federer eine Fehlbesetzung sein könnte.
Im Untersuchungsbericht heisst es, mit ihrem Verhalten habe Schmid-Federer im Rotkreuzrat und gegenüber Mader «wenig Eignung und Willen zur Führung» gezeigt. Die Sprache ist von fehlendem Mut, sich herausfordernden oder unbequemen Situationen zu stellen.
Vorwürfe zu wenig stichhaltig?
Die Präsidentin habe ihre Führungsverantwortung «nicht respektive nur unzureichend wahrgenommen». Das sei eine wesentliche Ursache dafür, dass die Situation rund um Maders Kündigung eskaliert sei, steht im fast 60 Seiten langen Bericht von Res Publica Consulting.
Zudem seien die gegenüber Mader erhobenen Vorwürfe nicht derart gravierend, dass die Trennung vom Direktor die einzig mögliche Reaktion gewesen sei.
Schmid-Federer hatte zudem den Direktor offiziell nie mit den Vorwürfen gegen ihn konfrontiert, geschweige denn Massnahmen definiert, damit sich die Situation verbessert. Es kommt noch dicker: Der Rotkreuzrat habe mit Maders Kündigung gegen das Personalreglement und die Rotkreuz-Grundsätze verstossen, so die Verfasser des Berichts.
Konflikt schwelt seit Jahren
Zudem zeigte die Untersuchung, dass das ungeklärte Rollenverständnis zwischen der SRK-Zentrale in Bern unter Mader und den Kantonalverbänden seit Jahren für Konflikt sorgte. Schmid-Federer musste diesen Zoff als ehemalige Präsidentin des SRK des Kantons Zürich bestens kennen.
Die Sprache ist von einem strukturellen Konflikt, der aber mehr und mehr personifiziert wurde: auf der einen Seite der «selbstbewusste Direktor» Mader «mit einem ausgeprägten Gestaltungswillen», auf der anderen Seite die Vertreter der Kantone, die sich nicht als gleichwertige Partner wahrgenommen gefühlt hätten.
War es zuvor gelungen, einen Ausgleich zwischen den unterschiedlichen Interessen zu finden, war das unter Schmid-Federer nicht mehr möglich, wie die Experten im Bericht kritisieren.
Zur Art, wie Schmid-Federer ihre Aufgabe sah, besagt die Untersuchung: Bei der Befragung habe Schmid-Federer – wohl zur Verwunderung der Berichterstatter – angegeben, sie sehe es nicht als ihre Aufgabe, Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen.
Mader fühlt sich rehabilitiert
Für Markus Mader ist der Bericht eine Befreiung: «Der unabhängige Untersuchungsbericht bedeutet für mich eine vollständige Rehabilitierung», betont er gegenüber Blick. Persönlich sei er erleichtert und spüre eine gewisse Genugtuung.
Trotz mehrerer Versuche war Schmid-Federer für eine Stellungnahme nicht erreichbar. Sie und die verbleibenden Mitglieder des Rotkreuzrates haben jedoch eine schriftliche Antwort auf den Bericht verfasst. Darin kritisieren sie, dass die Schlussfolgerung zur Eignung der Präsidentin «sehr dürftig sowie unzureichend recherchiert und abgestützt» seien.
Zudem weisen sie den im Bericht erhobenen Vorwurf zurück, der Rotkreuzrat habe die Fürsorgepflicht gegenüber Mader verletzt. Es sei aus ihrer Sicht «strittig», inwieweit das Personalreglement des SRK auch für den Direktor gelte. Man habe eine Kündigung «mit anschliessender einvernehmlicher Beendigung des Arbeitsvertrages angestrebt.» Dazu sei es nicht gekommen, weil der Direktor nun krankgeschrieben ist.
Der Bericht und mögliche Konsequenzen aus diesem sollen an der Rotkreuzversammlung vom 24. Juni diskutiert werden.