Weil sie sich ständig verrechnen, fordert Denkfabrik Avenir Suisse Rückvergütungen
Kantone sollen Steuern zurückzahlen

Weil sich die Kantone beim Budget immer wieder verrechnen, schreiben sie später in der Rechnung oft teilweise hohe Gewinne. Dieses Geld steht eigentlich den Steuerzahlern zu, moniert Avenir Suisse. Die liberale Denkfabrik schlägt daher Steuerrückvergütungen vor.
Publiziert: 31.01.2024 um 05:55 Uhr
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Aktualisiert: 31.01.2024 um 10:17 Uhr
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Wer das Gefühl hat, zu viel Steuern berappen zu müssen, liegt womöglich nicht ganz falsch.
Foto: Keystone

Nicht schon wieder! Wer in diesen Tagen den Briefkasten öffnet, könnte sich ärgern: Die Steuererklärung steht an. Die Kantone hingegen dürfen sich freuen. Denn der Rubel rollt.

In den vergangenen Jahren haben die Kantone von den Steuereinnahmen stark profitiert – stärker, als sie damit gerechnet haben. So haben sie in den vergangenen sieben Jahren viel zu pessimistisch budgetiert, hat die liberale Denkfabrik Avenir Suisse ausgerechnet. Das Spiel ist jedes Mal dasselbe: Die Kantone gehen meist von Verlusten aus, schreiben aber letztlich teilweise hohe Gewinne.

Genf hat sich um fast 2,3 Milliarden verschätzt

Alleine 2021 haben sich die Kantone insgesamt um satte 8,3 Milliarden Franken verschätzt, im Jahr darauf waren es erneut 7,7 Milliarden. Zum Beispiel der Kanton Genf: Fürs 2022 budgetierte er ein Minus von 820 Millionen Franken – daraus wurde ein Plus von 1451 Millionen Franken.

Avenir Suisse stört sich daran: «Wenn der Staat systematisch mehr einnimmt, als er ausgibt, zahlen wir zu viel Steuern im Verhältnis zu den Leistungen, die wir bekommen», sagt Forschungsleiter Lukas Rühli. Er hat die Zahlen der Kantone von 2016 bis 2022 ausgewertet.

Nehmen wir das Beispiel Basel-Stadt: Der Stadtkanton hätte Jahr für Jahr pro Haushalt auf 3171 Franken verzichten können, ohne in die roten Zahlen zu rutschen. Im Kanton Zug sind es 2654 Franken. «Viele Kantone haben das Potenzial für eine Steuersenkung», bilanziert Rühli.

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Steuersenkungen haben politisch schweren Stand

Die zu hohen Steuerrechnungen sind meist kein böser Wille. «Zum einen ist es für die Kantone sehr schwierig, die Unternehmenssteuern zu schätzen», erklärt Rühli. So hätten in Basel-Stadt die Pharma-Giganten Roche und Novartis entscheidenden Einfluss auf die Steuerflüsse.

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Zum anderen sind auch die unregelmässigen Ausschüttungen der Nationalbank schwierig vorherzusehen, sagt Rühli. Doch damit ist zumindest in diesem Jahr sowieso nicht zu rechnen. Wegen der Devisenflaute macht die Nationalbank Verluste.

Alternativlösung: Steuerrückvergütung

Fakt bleibt: Machen die Kantone Gewinne, stehen diese eigentlich den Steuerzahlern zu. Nur: Generelle Steuersenkungen sind umstritten. Politiker fürchten, dass dann in schlechten Jahren das Geld fehlt. Avenir Suisse schlägt deshalb bei unerwarteten Gewinnen eine andere Lösung vor: eine Steuerrückvergütung. Nimmt ein Kanton unerwartet viel Geld ein und ist nicht stark verschuldet, soll er den Überschuss mit der definitiven Steuerrechnung verrechnen.

«So bekommen die Steuerzahler das Geld zurück, das ihnen zusteht», erklärt Rühli. Nur die sechs Kantone Baselland, Genf, Jura, Neuenburg, Tessin und Uri haben dafür eine zu hohe Verschuldung. «Für sie wäre es sinnvoll, zuerst die Verschuldung abzubauen.»

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Rückvergütungen an die Steuerzahler soll es zudem nur geben, wenn Gewinne unerwartet auftreten. «Behörden sollen selber weiterhin über den Gewinn verfügen können, aber dafür müssen sie ihn zuerst bewusst budgetieren», findet Rühli.

Diese Lösung könne die Kantone dazu bringen, treffsicherer zu kalkulieren, hofft er. Denkbar ist aber auch das Gegenteil – dass die Budgets noch «pessimistischer» kalkuliert werden, weil das Geld im Fall einer positiven Überraschung ja ohnehin an die Steuerzahler zurückfliesst. Rühli meint dazu: «Wenn es dann aber über mehrere Jahre ungeplante Gewinne gibt, werden generelle Steuersenkungen wieder zum Thema.»

Kantone geben Fehleinschätzungen zu

Die Kantone geben offen zu, dass sie sich verrechnet haben. Man könne aber nicht alle über einen Leisten schlagen. «Die Situation ist unterschiedlich», sagt der Zürcher SVP-Finanzdirektor Ernst Stocker (68). Er ist Präsident der kantonalen Finanzdirektoren. Dass sich die Wirtschaft in den vergangenen Jahren positiv entwickelt hat, habe man nicht von vornherein erwarten dürfen.

«Vorsicht ist besser als Nachsicht, ganz besonders in der heutigen Zeit», sagt Stocker. «Die Budgetierung wird nach bestem Wissen und Gewissen gemacht.» Keine Regierung kassiere Steuern ein, wenn von schon vorher klar sei, dass das Geld nicht benötigt wird.

Wie die Kantone den Überschuss nutzen, müsse demokratisch entschieden werden. Stocker hält den Vorschlag von Avenir Suisse für «kreativ». Aber: «Letztlich braucht es demokratische Entscheide der Bürgerinnen und Bürger.»

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