Italien macht seine Grenzen dicht. Weil übers Mittelmeer laufend neue Migranten eintreffen, nimmt unser südlicher Nachbar vorerst keine Dublin-Flüchtlinge mehr zurück. Die Schweiz kann derzeit 184 Personen nicht zurückschaffen, obwohl gemäss Dublin-Abkommen Italien als Einreiseland zuständig wäre. Für die Kantone kommt der Entscheid in einem Moment, in dem sie bei der Unterbringung der vielen Asylsuchenden ohnehin schon an Grenzen stossen.
«Das Asylsystem hat versagt», findet SVP-Präsident Marco Chiesa (48). Der einseitige Vertragsbruch der neuen italienischen Regierung zeige deutlich auf, dass das Schengen-Dublin-System nicht funktioniere. Die EU-Aussengrenzen seien nach wie vor zu wenig geschützt.
Daher fordert der Tessiner SVP-Ständerat einen sofortigen Aufnahmestopp von Asylsuchenden aus sicheren Drittstaaten. Neben Transitzonen an den Schweizer Grenzen brauche es zudem sofort systematische Kontrollen an der Grenze zu Italien: «Denn auch die Schweiz ist am Anschlag.»
London will illegal Eingereiste nach Ruanda abschieben
Bis Ende November haben in der Schweiz 70'000 Ukrainerinnen und Ukrainer den Schutzstatus S erhalten. Und auch die normalen Asylzahlen nehmen stark zu. Für das laufende Jahr rechnet das Staatssekretariat für Migration mit 24'000 Asylgesuchen. Die SVP lässt sich da nicht zweimal bitten. Im Hinblick auf das Wahljahr 2023 setzt die Partei ganz auf das Thema Migration und Zuwanderung. Die neue SP-Justizministerin Elisabeth Baume-Schneider (59) heisst sie bereits mit einem Schwall an Forderungen willkommen.
Nun setzt SVP-Präsident noch einen obendrauf. Er möchte sich ein Beispiel an Grossbritannien nehmen. Kurz vor Weihnachten hat dort ein Gericht die Pläne der britischen Regierung als rechtmässig eingestuft, illegal in das Land eingereiste Migranten nach Ruanda in Ostafrika abzuschieben. Das Vorhaben verstosse nicht gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, hiess es in einer vom Londoner High Court veröffentlichten Erklärung.
Schweiz soll ebenfalls Abkommen anstreben
«Das Gericht kam zu dem Schluss, dass es legal ist für die britische Regierung, Vorkehrungen zu treffen, um Asylsuchende nach Ruanda zu schicken, damit ihr Asylantrag in Ruanda und nicht im Vereinigten Königreich geprüft wird», lautet das Urteil. Der Entscheid fusst auf einer Klage mehrerer Asylsuchender sowie von Hilfsorganisationen.
Grossbritannien hatte unter dem früheren konservativen Premierminister Boris Johnson (58) ein umstrittenes Abkommen mit Ruanda geschlossen, um Asylsuchende in das ostafrikanische Land auszufliegen. Dies soll Menschen von der Überfahrt über den Ärmelkanal auf die Insel abschrecken. Ähnliche Pläne werden auch in Dänemark schon länger diskutiert.
Ein entsprechendes Vorhaben solle nun auch die Schweiz prüfen, fordert Chiesa. Damit könne das hiesige Asylsystem deutlich entlastet werden. Die SVP sei daran, weitere Massnahmen und Forderungen für einen Wechsel im Asylwesen zu erarbeiten. Noch immer kämen zu viele Wirtschaftsflüchtlinge, die die Schweizer Institutionen «über die Massen» belasteten. Das müsse sich ändern.