Es waren scharfe Attacken, die SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi (42) in der Fragestunde des Nationalrats gegen Impfstoff-Beschafferin Nora Kronig (40) ritt. Aeschi hatte sechs Fragen eingereicht, in welcher er die Vizedirektorin des Bundesamts für Gesundheit (BAG) jeweils persönlich für die «vermasselte Covid-19-Impfstoffbeschaffung» verantwortlich machte.
Von «fahrlässiger Ablehnung» eines Angebot oder«absichtlicher Verzögerung» der Beschaffung war da etwa die Rede. Mit Kronig als Schuldige.
Rüffel für Aeschi
Der Direktangriff auf die Beamtin kam im Bundeshaus nicht gut an. Selbst SVP-Nationalratspräsident Andreas Aebi (62, BE) rüffelte Aeschi. Ihm sei aufgefallen, dass einige Fragen persönliche Angriffe auf Mitarbeitende der Bundesverwaltung beinhalten würden, sagte er am Montag zu Sitzungsbeginn. «Als Präsident und als Mitglied des Nationalrates bin ich mit dieser Vorgehensweise nicht einverstanden.» Die Fragestunde solle nicht dafür benutzt werden, einzelne Bundesangestellte an den Pranger zu stellen. «Ich bitte Sie, fair zu sein», so Aebi. Er nannte Aeschi zwar nicht direkt – doch alle im Saal wussten, wer damit gemeint war.
Und auch SP-Bundesrat Alain Berset (48) nahm seine Beamtin in der schriftlichen Beantwortung der Fragen in Schutz. «Der Bundesrat legt grossen Wert auf einen korrekten Umgang zwischen Parlament, Bundesrat und Verwaltung» macht er darin klar. «Er weist die persönlichen Angriffe des Fragestellers auf eine Bundesangestellte und dessen Unterstellungen an ihre Adresse entschieden zurück.»
Zuständig und gegenüber dem Parlament verantwortlich für die Impfstoffbeschaffung sei der Bundesrat. Das BAG und seine Angestellten handelten im Rahmen ihrer Mandate und Zuständigkeiten. Und inhaltlich meint der SP-Magistrat: «Die Schweiz hat eine erfolgreiche Mehrprodukte-Impfstoffstrategie und die Beschaffungen früher als andere aufgrund klar definierter Bedürfnisse getätigt.» Dabei steht der Impfplan noch immer auf wackligen Füssen.
Aeschi bei Berset
Doch für SVP-Aeschi war die Geschichte damit noch nicht ausgestanden. Er musste am Dienstag beim von der SVP als «Diktator» geschimpften Bundesrat Berset antraben, wie die Zeitungen von CH Media berichten. Demnach thematisierten Berset und BAG-Chefin Anne Lévy mit ihm die persönlichen Angriffe gegen Bundesangestellte. Aeschi seinerseits nahm noch zwei Parteikollegen, die Nationalräte Albert Rösti (53, BE) und Thomas Matter (54, ZH), zum Treffen mit.
Nach dem Gespräch spielten die beiden Parteien die Brisanz des Treffens herunter. Peter Lauener, Kommunikationschef von Alain Berset, teilte mit: «Bundesrat Berset tauscht sich regelmässig mit den unterschiedlichsten Interessenvertretern und Parteien aus.» Und auch Aeschi gab sich versöhnlich: «Ich schätzte das klärende Gespräch, in welchem die Impfstoffbeschaffung persönlich mit Bundesrat Berset besprochen werden konnte.»
Seine sechs Fragen hat er nun neu als Interpellation eingereicht – ohne Kronig zu erwähnen. (rus)