Pro und Contra zum Burkaverbot
2:16
Abstimmung am 7.März 2021:Pro und Contra zum Burkaverbot

Was der Gegenvorschlag zur Burka-Initiative bringt
Auch bei einem Nein wird der Schleier gelüftet

Es ist die wohl emotionalste Abstimmung am 7. März: das Burkaverbot. Wenn es abgelehnt wird, tritt automatisch ein Gegenvorschlag in Kraft. Auch dieser ist umstritten.
Publiziert: 15.02.2021 um 01:18 Uhr
|
Aktualisiert: 23.02.2021 um 18:27 Uhr
1/10
Bundesrätin Karin Keller-Sutter weibelt gegen das Burkaverbot. Der indirekte Gegenvorschlag sei viel effektiver.
Foto: Keystone

Am 7. März stimmen wir über das «Burkaverbot» ab. Dabei gibt es eigentlich gar keine Burkaträgerinnen in der Schweiz, wie eine Untersuchung der Universität Luzern zeigt. Auch einen Nikab – bei dem im Gegensatz zur Burka zumindest die Augen zu sehen sind – tragen schätzungsweise nur 20 bis 30 Frauen.

Der Bundesrat findet daher, dass wir «kein Problem mit der Gesichtsverhüllung» haben und die Initiative unnötig sei. Und doch hat er der Initiative einen Gegenvorschlag gegenübergestellt. Wird die Initiative abgelehnt, träte dieser automatisch in Kraft.

Was will der Gegenvorschlag?

Gezimmert wurde der indirekte Gegenvorschlag bereits im März 2019. Damals beinhaltete er nur einen Punkt: Jede Person soll verpflichtet werden, gegenüber Behörden ihr Gesicht zu zeigen. Nicht nur auf dem Migrationsamt oder gegenüber den Grenzbeamten – auch im öffentlichen Verkehr soll der Kondukteur verlangen können, dass die kontrollierte Person die Gesichtsverhüllung kurzzeitig ablegt.

Wer sich weigert, muss mit einer Busse oder einer Verweigerung der Weiterbeförderung rechnen. Den Kantonen, die weitergehen und die Verhüllung des Gesichts im öffentlichen Raum verbieten wollen – wie das St. Gallen und das Tessin bereits tun –, ist dies natürlich weiterhin erlaubt.

Später ergänzte der Nationalrat den Gegenvorschlag mit einem gleichstellungspolitischen Anliegen – etwa bei der Entwicklungshilfe und Integrationsprogrammen. Diese sollen vor allem Anliegen von Frauen, Kindern und Jugendlichen behandeln und die Gleichstellung der Frau fördern.

«Gegenvorschlag ist Widerspruch in sich selbst»

«Eine Farce», findet Die-Mitte-Nationalrätin Marianne Binder (62). Die Aargauerin sitzt im überparteilichen Frauenkomitee für das Burkaverbot. Durch ein Ja zur Initiative erhofft sie sich mehr Frauenrechte. Der Gegenvorschlag aber beinhalte kaum Neues. Mit diesem würden sich die Gegner zudem in Widersprüche verstricken. So bezeichneten diese das Anliegen der Initiative, Frauen in der Schweiz zu ihren Rechten zu verhelfen, als Bevormundung. «Dafür soll dann aber im Gegenvorschlag durch Gleichstellungsarbeit im Ausland unterdrückten Frauen gutschweizerischer Aufklärungsunterricht zu unseren Werten gegeben werden», kritisiert Binder. Das ergebe keinen Sinn.

Ist der Gegenvorschlag also nur ein taktisches Mittel des Bundesrats, um die Chancen der Initiative zu senken? Nein, findet Binders Aargauer Nationalratskollegin Maja Riniker (42, FDP): «Der Gegenvorschlag ist sehr wichtig und schliesst Gesetzeslücken.» Indem gesetzlich festgehalten werde, dass man sich in Ämtern und bei Verkehrskontrollen enthüllen müsse, zeige man in den entschiedenen Momenten Respekt gegenüber der Schweizer Kultur.

Gleichstellung bleibt so oder so auf der Strecke

In Hinblick auf die Gleichstellung gibt Riniker aber zu, dass der Gegenvorschlag «nicht viel bringt». Die Initiative sei aber schlimmer. «Die 30 Frauen, die in der Schweiz einen Nikab tragen, würden dann einfach nicht mehr aus dem Haus gehen.»

Rinikers Fazit: «Mit Verboten macht man sich das Leben schwerer.» Vor allem gehöre ein Kleiderverbot nicht in die Verfassung – der Gegenvorschlag reiche da aus. Ob dieser für das Schweizer Stimmvolk ebenfalls genügt, zeigt sich am 7. März. (dbn)


Fehler gefunden? Jetzt melden
Was sagst du dazu?