Stärkt ein Burkaverbot die Frauenrechte – oder schadet es ihnen vielmehr? Die Verhüllungsverbots-Initiative aus SVP-Kreisen sorgt unter Feministinnen für mächtig Wirbel.
SP-Nationalrätin Tamara Funiciello (30) wählt gewohnt deutliche Worte. «Dass die SVP nun versucht, sich zur Retterin der Frauen aufzuspielen, ist gelinde gesagt ein Hohn», wettert die Co-Präsidentin der SP-Frauen. Sie und weitere Vertreterinnen der Frauensektion der Sozialdemokraten haben an einer Medienkonferenz heute die feministischen Argumente gegen das Burkaverbot dargelegt.
«Was eine Frau trägt, entscheidet ausschliesslich sie»
Aus ihrer Sicht ist es keine Frage: Als Feministin muss man am 7. März ein Nein in die Urne legen. Schon allein des Absenders wegen. Dem Initiativkomitee gehe es nicht um Frauenrechte, sondern darum, antimuslimische Ressentiments zu schüren, so Funiciello. So gaukle die Burka-Initiative vor, dass die Unterdrückung der Frau ein Problem der Muslime – der «anderen» – sei, sagt Martine Docourt (41), Co-Präsidentin der SP-Frauen. «Das ist falsch.»
Es gehe nicht an, dass man Frauen vorschreiben wolle, was sie tragen dürfen. «Was eine Frau trägt oder nicht, entscheidet ausschliesslich und ohne Rechtfertigung eine einzige Person: die Frau selber», sagt Funiciello.
Nicht zuletzt argumentiert Funiciello damit, dass gemäss Schätzungen nur wenige Dutzend Frauen in der Schweiz leben würden, die einen Niqab oder eine Burka tragen – «und das freiwillig». «Die SVP hat rund 30 Prozent im Parlament. Für mich ist klar, wer das grössere Übel ist.»
Burka sei Zeichen der Unterdrückung
Gerade bei letzterem Argument können andere Frauen, die ebenfalls aus feministischer Sicht argumentieren, allerdings nur den Kopf schütteln. «Wenn ein Unrecht wenige betrifft, ist es dann weniger relevant?», fragt Mitte-Nationalrätin Marianne Binder (62). Sie gehört zu den Organisatorinnen einer überparteilichen Frauengruppe, welche sich für das Burkaverbot starkmacht. Mitglied ist unter anderem Saïda Keller-Messahli (63), Präsidentin des Forums für einen fortschrittlichen Islam.
Bei der Burka oder dem Niqab gehe es nicht einfach um irgendein Kleidungsstück. «Es drückt wie kein anderes Zwang und Unterdrückung aus», sagt Binder. «Ich engagiere mich doch nicht seit meiner Jugend für die Gleichberechtigung, um ein Kleidungsstück gutzuheissen, das all dem widerspricht, wofür ich stets gekämpft habe.»
Für Binder kommt es nicht in Frage, dass man eine Initiative bloss anhand ihres Absenders verwirft. «Ich habe die Initiative weder unterschrieben, noch dafür gesammelt. Aber jetzt geht es darum: Bin ich dafür oder dagegen? Die Initiative hätte auch von links kommen können.»
Auch Alice Schwarzer würde Ja stimmen
Support bekommt sie von der wohl bekanntesten Feministin im deutschsprachigen Raum: Alice Schwarzer (78). Sie würde Ja zur Initiative stimmen, sagte die Deutsche jüngst in einem Interview mit der «NZZ». Die Vollverhüllung habe in einer Demokratie nichts zu suchen. «Die Verschleierung der Frauen ist die Flagge des politischen Islam.»
Auch die Schweizer Feministin und Autorin Gisela Widmer (62) hat sich öffentlich für die Initiative ausgesprochen. «Ein Verhüllungsverbot wäre eine klare Ansage, nicht primär an die Frauen, sondern an ihre Männer», sagte sie gegenüber dem «Tages-Anzeiger». Eine klare Aussage, dass man in der Schweiz keine Symbole des politischen Islam im öffentlichen Raum dulde.
Die Burka-Initiative kommt voraussichtlich noch dieses Jahr vors Volk: Demnach soll im öffentlichen Raum niemand mehr das Gesicht verhüllen dürfen. Treiber der Initiative ist das rechtskonservative Egerkinger Komitee. Das Parlament arbeitet derzeit an einem indirekten Gegenvorschlag. Geeinigt hat es sich bisher darauf, dass man nur dann das Gesicht zeigen muss, wenn man sich gegenüber den Behörden oder im öffentlichen Verkehr identifizieren muss. Zudem soll die Gleichstellung gefördert werden: Bei staatlichen Integrationsprogrammen soll künftig den besonderen Anliegen von Frauen Rechnung getragen werden. Der Gegenentwurf tritt in Kraft, wenn die Initiative abgelehnt wird.
Die Burka-Initiative kommt voraussichtlich noch dieses Jahr vors Volk: Demnach soll im öffentlichen Raum niemand mehr das Gesicht verhüllen dürfen. Treiber der Initiative ist das rechtskonservative Egerkinger Komitee. Das Parlament arbeitet derzeit an einem indirekten Gegenvorschlag. Geeinigt hat es sich bisher darauf, dass man nur dann das Gesicht zeigen muss, wenn man sich gegenüber den Behörden oder im öffentlichen Verkehr identifizieren muss. Zudem soll die Gleichstellung gefördert werden: Bei staatlichen Integrationsprogrammen soll künftig den besonderen Anliegen von Frauen Rechnung getragen werden. Der Gegenentwurf tritt in Kraft, wenn die Initiative abgelehnt wird.