Das Egerkinger Komitee rund um SVP-Nationalrat Walter Wobmann (63) hat sich dem Kampf gegen den Islam verschrieben. 2009 feierte es den ersten Sieg: Die vom Komitee lancierte Volksinitiative für ein Verbot von Minaretten wurde angenommen. Mit der Initiative «Ja zum Verhüllungsverbot» wollen die «Egerkinger» jetzt gegen Musliminnen vorgehen, die aus religiösen Gründen eine Verschleierung tragen.
Am 7. März kommt das Volksbegehren an die Urne. Parlament und Bundesrat empfehlen eine Ablehnung der Initiative. Trotzdem sieht man Handlungsbedarf: Ein indirekter Gegenvorschlag wird bei einem Nein zum Burka-Verbot automatisch in Kraft gesetzt.
Worum geht es überhaupt?
Die Initianten fordern, dass in der ganzen Schweiz niemand im öffentlichen Raum das Gesicht verhüllen darf. Im Zentrum der Debatte stehen vor allem Burkas und Niqabs, das Komitee weist auch immer auf Fussball-Hooligans hin, die sich vermummen.
Ausnahmen vom Verbot wären ausschliesslich aus Gründen der Sicherheit, der Gesundheit (wie jetzt bei Corona) oder der klimatischen Bedingungen und in Gotteshäusern möglich. Ausnahmen für verhüllte Touristinnen wären aber ausgeschlossen.
Für den Bundesrat schiesst die Vorlage übers Ziel hinaus. Er präsentierte daher einen indirekten Gegenvorschlag, der vorsieht, dass Personen ihr Gesicht zeigen müssen, wenn dies zu Identifizierungszwecken notwendig ist – also zum Beispiel dem Kondukteur im Zug. Sonst droht eine Verweigerung der Weiterbeförderung oder eine Busse. Kantone, die weiter gehen und die Verhüllung des Gesichts im öffentlichen Raum verbieten möchten, können dies aber nach wie vor tun.
Vorlage führte zu hitzigen Diskussionen im Bundeshaus
Als der Nationalrat während der Sommersession darüber debattierte, ob man die Vorlage zu An- oder Ablehnung empfehlen soll, ging es in der grossen Kammer emotional zu und her. So schimpfte SVP-Nationalrätin Barbara Steinemann (44, ZH), dass «hässliche schwarze Leichentücher» zutiefst menschenverachtend seien und Frauen ihrer Individualität und Bewegungsfreiheit berauben würden. «Niqab und Burka haben in einer Demokratie nichts zu suchen.»
Dass sich die SVP plötzlich «zu einer grossen Emanzen-Kampftruppe» entwickle, ist für SP-Nationalrätin Samira Marti (26, BS) wenig glaubwürdig. Sie fragt sich, wo die SVP war, als es um das Gleichstellungsgesetz, den Mutterschutz oder den Frauenstreik ging. «Ihr kürzt die Beiträge von Frauenhäusern, geht danach aber auf die Strasse, um Unterschriften für die Initiative zu sammeln.» Sie vermutet als wahres Motiv «Hetze».
Wer ist dafür, wer dagegen?
Unterstützt wird das Burka-Verbot von der SVP sowie einer Mehrheit der Mittefraktion von CVP, BDP und EVP. «Die Burka lässt sich nicht mit einem Schmuckstück wie einem kleinen Kreuz vergleichen», findet CVP-Nationalrätin Marianne Binder (62, AG). Man müsse nicht über Religion sprechen, das sei eine Falle. Die Burka verstosse gegen den Rechtsstaat. Der Gegenvorschlag ist der Mitte zu wenig griffig.
«Wir ändern nichts an der Situation, wenn wir die Burka verbieten», findet Irène Kälin (33, AG) von den Grünen. Für weniger Leute könne man kaum ein Gesetz schaffen. «Absurd, unverhältnismässig und islamophob», nennt sie die Initiative. Neben den Grünen lehnen auch die SP, die FDP und die GLP die Vorlage einstimmig ab.
Wo ist die Burka bereits verboten?
Zwei Kantone in der Schweiz kennen bereits ein Verhüllungsverbot: Anfang 2019 trat das Verbot in St. Gallen in Kraft. Im Tessin werden Verhüllte bereits seit 2016 gebüsst. Laut der Tessiner Nationalrätin Greta Gysin (37, Grüne) seien das bis jetzt aber erst 36 Frauen gewesen. Vermummte Fussballfans trifft das Verbot hingegen härter.
In Europa gilt bereits sechs Länder ein generelles Burkaverbot. Seit 2011 werden Verhüllte in Frankreich und in Belgien abgestraft. Aber auch Österreich, Dänemark, Bulgarien und Lettland kennen ein Verhüllungsgebot auf allen öffentlichen Plätzen.