Waffen für die Ukraine
Sicherheitspolitiker nehmen noch einen Anlauf

Sicherheitspolitiker versuchen alles, damit die Schweiz anderen Staaten die Weitergabe von Waffen an die Ukraine doch noch erlauben kann. Nun soll es ein Kompromiss richten. Doch der Ukraine bringt das vorerst kaum etwas.
Publiziert: 21.02.2023 um 17:00 Uhr
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Aktualisiert: 21.02.2023 um 17:26 Uhr
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Dänemark durfte keine Piranha-Radschützenpanzer aus Schweizer Produktion an die Ukraine weitergeben.
Foto: Keystone
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Daniel BallmerRedaktor Politik

Der Ärger im Westen ist gross. Im Ausland fehlt jedes Verständnis dafür, dass der Bundesrat anderen Staaten aus Neutralitätsgründen die Weitergabe von Kriegsmaterial verbietet. So durfte Dänemark keine Schweizer Piranha-Radschützenpanzer an die Ukraine abgeben, Deutschland keine Munition für Gepard-Panzer und Spanien keine Flugabwehrkanonen.

In den letzten Wochen überboten sich die Parteien gegenseitig mit Vorschlägen, wie indirekte Waffenlieferungen an die Ukraine doch noch ermöglicht werden könnten. Doch keiner der Vorschläge erschien bislang als mehrheitsfähig.

Ein neuer Kompromiss soll es richten

Die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats hat deshalb am Dienstag Überstunden geschoben. Herausgekommen ist eine Parlamentarische Initiative als Kompromiss zwischen einem Vorstoss von FDP-Präsident Thierry Burkart (47) und einem Vorstoss der SP.

Neu soll für klar definierte Länder, die ähnliche Werte wie die Schweiz haben, das bisherige Nichtwiederausfuhrverbot auf fünf Jahre befristet werden können, sofern sich die Bestimmungsländer dazu verpflichten, die Waffen nicht in Länder weiterzugeben, in denen die Menschenrechte schwerwiegend verletzt werden. Auch darf kein Risiko bestehen, dass die Rüstungsgüter gegen die Zivilbevölkerung eingesetzt werden. Allerdings soll kein Automatismus gelten. Die Länder müssen wie bisher bei der Schweiz ein offizielles Gesuch für eine Weitergabe stellen.

Zudem soll das Bestimmungsland nicht in einen gewaltsamen Konflikt verwickelt sein. Ausgenommen sein sollen Fälle, bei denen der Uno-Sicherheitsrat oder die Generalversammlung mit Zweidrittelmehrheit einen Angriffskrieg als völkerrechtswidrig bezeichnet.

Staatspolitisch heikel ist, dass einzelne Regelungen sogar rückwirkend gelten sollen: Haben Staaten vor mehr als fünf Jahren Rüstungsmaterial bezogen, könnten sie schon ab Inkrafttreten der neuen Regeln ein Gesuch für Weitergabe von Rüstungsgütern stellen. Doch das könnte noch monatelang gehen.

«Nicht noch Steine in den Weg legen»

«Wir haben damit hohe Hürden eingebaut, die auf dem Völkerrecht basieren und mit denen wir in einer ersten Phase leben können», sagt SP-Sicherheitspolitikerin Franziska Roth (56). «Es ist jetzt einfach nicht der Zeitpunkt, alles abzuwürgen, bevor wir es auf Herz und Nieren geprüft haben.» Denn in Europa herrsche Krieg. Und die Schweiz habe eine Solidaritätspflicht gegenüber der Ukraine und gegenüber allen Staaten, die mehr Hilfe leisteten als unser Land. «Da wollen wir diesen Ländern nicht noch Steine in den Weg legen», findet Roth.

Doch auch der neuste Wurf der Sicherheitspolitiker dürfte es im Parlament nicht einfach haben, wenn kommende Woche die Frühlingssession startet. So sind etwa die SVP und die Grünen dezidiert gegen direkte oder indirekte Waffenlieferungen an die Ukraine. Die SVP wegen der Neutralität, die Grünen aus pazifistischen Gründen.

«Wer dagegen ist, wird sich auch jetzt kaum überzeugen lassen», sagt Roth. Und auch die SP ist gespalten. «Es bleibt daher schwierig», ist sich die SP-Sicherheitspolitikerin bewusst. «Wir wollen zumindest sagen können: Wir haben alles versucht.» Allerdings: Bis das Kriegsmaterialgesetz tatsächlich geändert wäre, wird dies der Ukraine kaum mehr etwas nützen.

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