Viel Politiker-Spott für SVP-Forderung nach Energie-Gipfel
«Lächerlicher geht es kaum»

Weil im Winter der Strom auszugehen droht, verlangt die SVP sofort einen Energie-Sondergipfel. Das ist bei den anderen Parteien umstritten – auch wegen des Absenders der Forderung.
Publiziert: 04.08.2022 um 16:24 Uhr
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Angesichts des drohenden Energiemangels fordert SVP-Fraktionschef Thomas Aeschi einen sofortigen Sondergipfel.
Foto: Keystone
Daniel Ballmer

Auf die Schweiz kommen dunkle Zeiten zu. Schon im Winter könnten Strom und Gas knapp werden. Gerade auch, weil Russlands Präsident Wladimir Putin (69) Europa den Gas- und Ölhahn auf- und zudrehen kann, wie es ihm beliebt. Mehrstufige Notfallpläne des Bundes sehen daher ausgerechnet für die kalte Jahreszeit im Energiebereich Einschränkungen, Kontingentierungen und sogar Abschaltungen vor.

Für die SVP ist SP-Bundesrätin Simonetta Sommaruga (62) Schuld an der Misere. Sie würde ihre Arbeit als Energieministerin nicht machen. Die Volkspartei fordert deshalb einen sofortigen Energie-Sondergipfel: Der Bundesrat müsse Parteien, Energieversorger und Wirtschaftsverbände einladen und einen klaren Massnahmenplan präsentieren, wie die Energieversorgung in der Schweiz gewährleistet werden kann. Sonst müsse Sommaruga das Dossier niederlegen und an SVP-Finanzminister Ueli Maurer (71) übergeben.

SP hofft auf konstruktive Gespräche

Der Frontalangriff auf Sommaruga kommt bei den übrigen Parteien nicht gut an. Schon gar nicht bei ihrer eigenen Partei. Die SP spricht von «reinem Populismus». Dabei habe die SVP einen grossen Anteil daran, dass der Ausbau der erneuerbaren Energien nur langsam erfolge, so SP-Fraktionschef Roger Nordmann (49). «Wegen ihrer Verbandelung mit den Öl-Konzernen sind wir beim Ausstieg aus den fossilen Brenn- und Treibstoffen heute noch nicht weiter.» Kommt hinzu, dass Wirtschaftsminister Guy Parmelin (62) mindestens genauso verantwortlich für die Versorgungssicherheit ist.

Die SVP-Forderung nach einem raschen Energie-Sondergipfel hingegen stösst bei den Genossen auf Anklang. So hatte auch die SP schon ausserordentliche Von-Wattenwyl-Gespräche mit den Bundesratsparteien zur Versorgungssicherheit der Schweiz vorgeschlagen. Die Sozialdemokraten hoffen dort auf konstruktive Gespräche – auch mit der SVP.

Mitte will von Gipfel nichts wissen

Auch die Freisinnigen zeigen sich offen: «Für die FDP ist klar, dass es in dieser ausserordentlichen Lage ein enges Zusammenspiel zwischen dem Bundesrat, der Politik und den involvierten Branchenakteuren braucht, um eine Energieversorgungslücke zu verhindern», wird Partei-Sprecher Arnaud Bonvin von nau.ch zitiert. Doch: Es seien Lösungen gefragt «und keine Parteiprofilierungen».

Wenig begeistert von einem Energie-Sondergipfel zeigt sich dagegen die Mitte-Partei. «Und bei dem Gipfel raufen sich dann alle zusammen, weil es gaaaanz wichtig ist», spottet Nationalrat Lorenz Hess (61) auf Twitter. «Oder doch eher wie immer bei solchen Nullrunden: Man erklärt anschliessend, warum es wegen den andern gescheitert ist. Lächerlicher geht kaum.»

Skeptisch sind auch die Grünen. «Noch glaube ich zwar nicht an den Strom-Notfall, dennoch wäre es gut, wenn sich alle Seiten endlich auf Kompromisse einigen könnten», findet Fraktionspräsidentin Aline Trede (38). Dass die Forderung nach einem Energie-Gipfel aber ausgerechnet von der SVP kommt, könne sie nicht ganz ernst nehmen: «Die SVP hat bisher wirklich sämtliche Lösungsansätze torpediert.»

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Keine konkreten Entscheide zu erwarten

Hin- und hergerissen zeigen sich die Grünliberalen. Auch GLP-Präsident Jürg Grossen (52) wirft der SVP «billige Polemik» vor. Sie habe bisher sämtliche Fortschritte torpediert. Für einen Energie-Sondergipfel sei die SVP daher der komplett falsche Absender. Aber: «Bei den kurzfristigen Energie-Massnahmen gibt es noch immer viele Punkte, die ungelöst oder nicht befriedigend gelöst sind», findet Grossen. Wenn es daher der Bundesrat sei, der zu einem Sondertreffen einlade, «würden wir uns sicher gerne einbringen».

Klar ist für Grossen aber auch: Von einem solchen Sondergipfel seien keine konkreten Entscheide zu erwarten. Der Bundesrat könne bei den Parteien aber Verständnis und damit Unterstützung schaffen, «denn viele kurzfristigen Massnahmen wären sicher unpopulär». Da sei es wichtig, dass sie breit getragen werden. «Und es braucht Mut zur Priorisierung, sollten Kontingentierungen nötig werden», betont Grossen. «Bisher habe ich dazu nichts gehört. Solche Entscheide gehören nicht zu den Stärken von Simonetta Sommaruga und Guy Parmelin.»

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