Verzögerungen und Mehrkosten
Der Armee droht das nächste Beschaffungs-Debakel

Am einen Standort verzögert sich das neue Flugfunk-Bodensystem. Am anderen wird es gleich sistiert. Die Verzögerungen und Mehrkosten haben viele Gründe. Die meisten sind hausgemacht.
Publiziert: 06.10.2021 um 22:59 Uhr
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Aktualisiert: 06.10.2021 um 23:00 Uhr
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Die israelische Hermes 900 reichte den Ansprüchen der Armee nicht. Sie liess die Drohne auf Schweizer Kosten weiterentwickeln.
Foto: zVg

Sei es der Truppentransporter Duro, neue Radschützenpanzer inklusive Mörser oder israelische Drohnen – immer wieder kommt es im Verteidigungsdepartement VBS bei Beschaffungen zu Mehrkosten in Millionenhöhe und teilweise zu mehrjährigen Verzögerungen.

Auch das neue Flugfunk-Bodensystem der Armee steht unter keinem guten Stern. So kann es am Standort Wangen bei Dübendorf ZH nur verspätet und erst nur eingeschränkt eingeführt werden. Am zweiten Standort in Payerne VD wird es vorläufig gleich ganz sistiert.

Millionen an Mehrkosten und Verzögerung von einem Jahr

Die Mängel aufgedeckt hat die Eidgenössische Finanzkontrolle (EFK) in einem am Mittwoch veröffentlichten Bericht. Sie ortet beim VBS «dringenden Handlungsbedarf» bei Portfolio-Management, Informatik-Koordination und integrierter Gesamtplanung.

Das Bundesamt für Rüstung Armasuisse räumt die Probleme ein. «Gegenüber dem ursprünglichen Projektplan mit dem Projektende per Ende 2025 hat das Projekt heute eine Verzögerung von einem Jahr», so Sprecher Kaj-Gunnar Sievert. Ursprünglich hätte der Systemstart an beiden Standorten Ende 2025 erfolgen sollen.

Die Kontrolleure kommen zum Schluss, dass die Führungsunterstützungsbasis (FUB) neben der nicht erfolgten Abnahme auch fix zugesicherte Ressourcen nicht lieferte. Darum kaufte Armasuisse IT-Leistungen extern ein. Die aufgelaufenen und geschätzten künftigen Mehrkosten beziffert Sievert auf rund 12 Millionen Franken. In der Armeebotschaft 2018 sind für das System 126 Millionen Franken budgetiert.

Im VBS fehlen Fachkräfte

Sollte die Gruppe Verteidigung, zu welcher die FUB gehört, weitere Leistungen nicht erbringen, würden zusätzliche Kosten anfallen. Die Ressourcensituation sollte darum «raschmöglichst geklärt» werden.

Die Digitalisierung ist in vielen Projekten der Armee und der gesamten Bundesverwaltung eine Herausforderung, wie zahlreiche Beispiele zeigen. Die Gruppe Verteidigung teilt mit, die Ressourcenlage in der FUB sei angespannt, gerade Fachkräfte fehlten. Lösungen innerhalb der Armee würden erarbeitet und Entscheide seien noch im Herbst zu erwarten. Eine Priorisierung aller IT-Vorhaben laufe.

«Harte Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten»

Innerhalb von VBS und Armee soll es ziemlich Ärger gegeben haben. Die Diskussionen über Ursachen der Risiken und Lösungsansätze führten gemäss dem Bericht «zu harten Auseinandersetzungen zwischen den Beteiligten». Erst dank der Ende 2020 eingeführten Koordinationstreffen glätteten sich die Wogen.

Die Gruppe Verteidigung hielt fest, harte aber faire Diskussionen seien bei verschiedenen Interessenlagen angebracht. Beispiel seien etwa Sicherheitsinteressen gegenüber Interessen wie Nutzerfreundlichkeit oder Nutzung.

Für die EFK zeigt der vorliegende Fall die Probleme bei der Einteilung von Ressourcen, die über ein solches Projekt hinausgehen. Die Finanzkontrolle will die Steuerung im Bereich der Informations- und Kommunikationstechnologie beim VBS deshalb nochmals separat untersuchen. (SDA/dba)

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