Ende November gilt es bei der Konzernverantwortungs-Initiative (Kovi) ernst. Dann entscheidet sich, ob Grossunternehmen in der Schweiz für Menschenrechtsverletzungen und Umweltskandale im Ausland geradestehen müssen.
Nach den Abstimmungsergebnissen vom Sonntag wittern die Befürworter Morgenluft. Das nur hauchdünne Ja zu neuen Kampfjets, das überdeutliche Nein zu höheren Kinderabzügen für wohlhabende Familien: Ein linksliberaler Wind fegt durchs Land.
«Anfang einer progressiven Erneuerung»
GLP-Chef Jürg Grossen (51) schaut mit Genugtuung auf den Abstimmungssonntag. Seine Partei hat bei allen fünf Vorlagen gesiegt. Der vergangene Sonntag, er ist für ihn «der Anfang einer progressiven Erneuerung», wie Grossen es nennt.
Bemerkenswert war insbesondere die hohe Stimmbeteiligung. Das linke Lager brachte zahlreiche Anhänger, gerade in den Städten, dazu, in grosser Zahl zur Urne zu gehen. Die Corona-Pandemie könnte das befeuert haben, glaubt SP-Nationalrat Fabian Molina (30): «Dieses Jahr hat politisiert.» Die Menschen hätten in den letzten Monaten gemerkt, welch grossen Einfluss die Politik auf ihr Leben habe. «Sie haben das Bedürfnis mitzureden.»
Reicht der Gegenvorschlag aus?
Hinzu kommt, dass sich auch die politischen Prioritäten gewandelt haben. Das links-grüne Lager ist so stark wie nie, das zeigten die eidgenössischen Wahlen eindrücklich. Der schonende Umgang mit Ressourcen ist vielen Menschen heute wichtig. Mehr und mehr sind sich die Unternehmen bewusst, dass sie handeln müssen.
Der Gegenvorschlag, mit dem die Konzernverantwortungs-Initiative entschärft werden sollte, dürfte vielen Stimmenden nicht genügen. Es könnte sich rächen, dass das Parlament der Initiative einen Vorschlag entgegenstellt, der in den Augen vieler nur ein Feigenblatt ist.
Auch GLP-Chef Grossen sagt: «Wenn es so weitergeht wie am Sonntag, wäre ein Ja zur Initiative eine mögliche Konsequenz.» Der GLP wäre ein griffiger Gegenvorschlag zwar lieber gewesen. Ohne diesen ist die Fraktion nun mehrheitlich für die Kovi.
«Nein-Komitee muss sich jetzt ins Zeug legen»
Auch bei den Gegnern ist man sich der Ausgangslage bewusst. «Das Nein-Komitee muss sich jetzt gewaltig ins Zeug legen», sagt SVP-Nationalrat Hans-Ueli Vogt (50). Er befürchtet gar, dass nicht nur die Kovi, sondern in deren Windschatten gleich auch noch die Kriegsgeschäfte-Initiative angenommen wird, über die am selben Tag abgestimmt wird. Diese will der Nationalbank und den Pensionskassen verbieten, in Rüstungsfirmen zu investieren.
Die Befürchtung Vogts ist die Hoffnung des Grünen-Chefs Balthasar Glättli (48). Er warnt seine Mitstreiter aber davor, jetzt bereits den Sekt kühlzustellen. «Denn der Sonntag hat auch gezeigt: Auf den letzten Metern kann sich noch viel ändern.» Auch Dick Marty (75), Co-Präsident des Kovi-Initiativkomitees, nimmt vom vergangenen Abstimmungssonntag vor allem eines mit: «Jede Stimme zählt!»