Ein Gespenst geht um in der Schweiz. Es heisst Konzernverantwortung. Immer mehr Akteure aus Politik und Wirtschaft befürchten, dass die gleichnamige Initiative auch an der Urne gute Chancen hat.
Die Initiative verlangt, dass Konzerne mit Sitz in der Schweiz bei ihren Geschäften sicherstellen, dass sie die Menschenrechte respektieren und Umweltstandards einhalten. Verstösse sollen Konsequenzen haben, und Konzerne sollen für verursachte Schäden haften. Eine Annahme ist nicht auszuschliessen, stehen hinter dem Volksbegehren doch 120 Organisationen, von Hilfswerken wie Fastenopfer bis hin zu Aktionärsverbänden wie Ethos und Actares.
Ständeräte werden ins Gebet genommen
Diese breite Abstützung hat die Konferenz der kantonalen Volkswirtschaftsdirektoren (VDK) aufschrecken lassen. In einem Schreiben an alle Ständeräte, das BLICK vorliegt, ruft sie die kleine Kammer dazu auf, bei ihrer Beratung am Mittwoch den indirekten Gegenvorschlag des Nationalrats zu unterstützen. Und nicht jenen von Bundesrätin Karin Keller-Sutter (55), der deutlich weniger weit geht.
Das will die Initiative: Die Konzernverantwortungs-Initiative will, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden gerade stehen müssen – auch wenn diese von Tochtergesellschaften im Ausland begangen wurden. Sie fordern dazu weitreichende Sorgfaltspflichten und Haftungsregeln. Der Initiativtext sieht Ausnahmen für KMUs vor, sofern sie nicht in einer Risiko-Branche tätig sind.
Das will der Bundesrat: Der Bundesrat will Schweizer Unternehmen nur verpflichten, über Nachhaltigkeit und die Achtung der Menschenrechte und des Umweltschutzes Bericht zu erstatten. Die Unternehmen sollen auf die Berichterstattung über einzelne Bereiche verzichten können, wenn sie das begründen. Eine Sorgfaltspflicht soll möglicherweise in den Bereichen «Kinderarbeit» und «Konfliktmineralien» eingeführt werden. Das alles soll nur für Unternehmen mit über 500 Angestellten gelten.
Das will der Nationalrat: Der Nationalrat schlägt vor, dass Unternehmen belangt werden können, wenn Tochtergesellschaften im Ausland Bestimmungen zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt verletzen – es sei denn, sie können Nachweise erbringen, dass sie alles zu deren Verhinderung getan haben. Gelten soll diese Regelung für Unternehmen ab einer bestimmten Grösse oder mit besonderen Risiken.
Das will die Initiative: Die Konzernverantwortungs-Initiative will, dass Unternehmen mit Sitz in der Schweiz für Menschenrechtsverletzungen und Umweltschäden gerade stehen müssen – auch wenn diese von Tochtergesellschaften im Ausland begangen wurden. Sie fordern dazu weitreichende Sorgfaltspflichten und Haftungsregeln. Der Initiativtext sieht Ausnahmen für KMUs vor, sofern sie nicht in einer Risiko-Branche tätig sind.
Das will der Bundesrat: Der Bundesrat will Schweizer Unternehmen nur verpflichten, über Nachhaltigkeit und die Achtung der Menschenrechte und des Umweltschutzes Bericht zu erstatten. Die Unternehmen sollen auf die Berichterstattung über einzelne Bereiche verzichten können, wenn sie das begründen. Eine Sorgfaltspflicht soll möglicherweise in den Bereichen «Kinderarbeit» und «Konfliktmineralien» eingeführt werden. Das alles soll nur für Unternehmen mit über 500 Angestellten gelten.
Das will der Nationalrat: Der Nationalrat schlägt vor, dass Unternehmen belangt werden können, wenn Tochtergesellschaften im Ausland Bestimmungen zum Schutz von Menschenrechten und Umwelt verletzen – es sei denn, sie können Nachweise erbringen, dass sie alles zu deren Verhinderung getan haben. Gelten soll diese Regelung für Unternehmen ab einer bestimmten Grösse oder mit besonderen Risiken.
Und auch aus der Wirtschaft kommen mahnende Stimmen. So empfiehlt die Swiss Retail Federation, der Verband des Einzelhandels, ebenfalls den Gegenvorschlag, wie die Westschweizer Zeitung «24 heures» berichtet. Wie schon Migros, Coop, Denner und Manor, der Verband Swiss Textiles und Investoren wie die Bank Sarasin.
«Immer noch das kleinere Übel»
«Natürlich ist unsere Begeisterung auch über den Gegenvorschlag nicht gross. Er wäre aber immer noch das kleinere Übel», sagt VDK-Präsident Christoph Brutschin (61). Der Basler SP-Regierungsrat erinnert etwa an die Masseneinwanderungs- und die Abzocker-Initiative, die an der Urne ebenfalls überraschend angenommen wurden.
Dieses Risiko wollen die Volkswirtschaftsdirektoren nicht erneut eingehen. Sie verweisen im Schreiben darauf, dass «eine austarierte Lösung auf Gesetzesstufe, welche zu einem Rückzug der Initiative führt», besser sei als eine Volksabstimmung. Und aus dem Nationalrat liege ein «zielführender Kompromissvorschlag» vor, der vertretbare Regeln zu Haftung und Sorgfaltspflicht einführe. Das nütze auch dem Ruf der Schweiz als Wirtschaftsstandort.
CVP ist tief gespalten
Dennoch könnte es knapp werden, schätzt Brutschin. Noch im Frühjahr hatte sich die kleine Kammer knapp gegen den nationalrätlichen Gegenvorschlag ausgesprochen. Nun bahnt sich ein Krimi an.
Zwar hat Links-Grün einen Sitz mehr im Ständerat als noch vor den Wahlen – doch 14 Ja-Stimmen reichen bei weitem nicht. Und die CVP ist tief gespalten. Wie tief, zeigt sich an einer speziellen Konstellation: Kommissionssprecher – und damit Sprecher für den Gegenvorschlag – ist der Bündner CVP-Ständerat Stefan Engler (59). Sein Gegenspieler ist der Walliser CVP-Ständerat Beat Rieder (56). Entscheidend wird zum einen sein, wer von beiden mehr Parteifreunde auf seine Seite bekommt. Und zum anderen, ob es genügend FDP-Abweichler gibt, die ihrer Bundesrätin Keller-Sutter die kalte Schulter zeigen.