VBS schlägt Alarm
Armee geht das Personal aus

Schon in acht Jahren könnte es soweit sein: Ab 2030 könnten der Schweizer Armee die nötigen Bestände fehlen. Militär und Politik versuchen alles, um das zu verhindern.
Publiziert: 13.10.2022 um 12:30 Uhr
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Aktualisiert: 13.10.2022 um 13:43 Uhr
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Armeechef Thomas Süssli gehen die Soldaten aus. Verteidigungsministerin Viola Amherd sucht mit ihm nach Lösungen.
Foto: Keystone

Noch sind die Probleme überschaubar. Noch hat die Schweizer Armee genügend Personal. Doch wenn die bereits getroffenen und noch geplanten Massnahmen nicht wirken, dürften ab 2030 die nötigen Bestände fehlen. Das schreibt das Verteidigungsdepartement (VBS) zur neusten Armeeauszählung. Mittlerweile prüft der Bundesrat sogar eine Dienstpflicht für Frauen.

Der Sollbestand der Armee liegt bei 100'000 Armeeangehörigen. Weil aber nicht alle Eingeteilten bei einem Aufgebot einrücken, ist ein Effektivbestand von 140'000 nötig, wie das Departement von Mitte-Bundesrätin Viola Amherd (60) klarstellt. Am Stichtag 2022 lag der Effektivbestand bei 151'299, also über dem Bedarf.

Das Problem: Immer weniger Schweizer leisten überhaupt Dienst. Auch laufen immer mehr Leute davon – aus medizinischen Gründen oder weil sie in den Zivildienst wechseln. «Am Ende des Jahrzehnts wird uns rund ein Viertel der Bestände fehlen!», hatte Armeechef Thomas Süssli (56) bereits im BLICK-Interview klargestellt. Beim Zivilschutz sieht es nicht viel besser aus.

Frauenanteil wächst leicht

Grösser geworden ist der Frauenanteil in der Armee – er betrug 2022 1,4 Prozent. 1778 Frauen waren eingeteilt, 278 oder 18,5 Prozent mehr als im Vorjahr. Die Anstrengungen, mehr Frauen für den Dienst in der Armee zu gewinnen, zeigten Wirkung, schreibt das VBS. Vom selbst genannten Ziel eines Frauenanteils von 10 Prozent ist die Armee allerdings nach wie vor meilenweit entfernt.

Ein vorübergehender Überbestand sei mit der Weiterentwicklung der Armee vorgesehen, heisst es in der Mitteilung vom Donnerstag. Damit könnten die Bestände auch in der Übergangzeit gefüllt werden, in der überdurchschnittlich viele Armeeangehörige zwar noch eingeteilt seien, aber ihre Ausbildungspflicht bereits erfüllt hätten.

Viel zu viele vorzeitige Abgänge

Da nach dieser Übergangszeit die Dienstpflicht für alle Jahrgänge noch zehn statt zwölf Jahre beträgt, werden 2028 und 2029 je zwei Jahrgänge aus der Armee entlassen. Ohne Gegenmassnahmen, besonders gegen die laut Mitteilung zu vielen vorzeitigen Abgänge aus dem Militär, dürften sich ab 2030 Lücken auftun, schreibt das VBS.

Pro Jahr verlassen zwischen 10'000 und 11'000 Personen die Armee vor dem Ende der Dienstpflicht. 2021 war ein Wechsel zum Zivildienst der häufigste Grund dafür, nämlich in 60 Prozent der Fälle. In weiteren 30 Prozent der Fälle drehten Armeeangehörige dem Militär aus medizinischen Gründen den Rücken.

Der Bundesrat prüft zurzeit, wie der Personalbestand der Armee auf lange Sicht gewährleistet werden könnte. Zur Diskussion stehen unter anderem die Zusammenlegung von Zivildienst und Zivilschutz oder eben die Ausdehnung der Dienstpflicht auf die Frauen. Was bereits beschlossen worden ist: Auch junge Schweizerinnen sollen künftig am Orientierungstag der Armee teilnehmen müssen. (SDA/dba)

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