Der Armee gehen die Soldaten aus. Jahr für Jahr verliert das Militär ein paar Tausend junge Leute. «Am Ende des Jahrzehnts werden uns rund ein Viertel der Bestände fehlen!», erklärte Armeechef Thomas Süssli (55) im Blick. Das sind rund 30'000 Soldatinnen und Soldaten. Auch deshalb hat sich die Armee die Frauenförderung auf die Fahne geschrieben.
Von einer Schnupper-RS, um gerade mehr Soldatinnen zu gewinnen, aber will der Bundesrat um Verteidigungsministerin Viola Amherd (59) nichts wissen. Der Vorschlag stammt von GLP-Nationalrat Beat Flach (57): «Heute besteht für Interessentinnen kaum die Möglichkeit, einen praxistauglichen Einblick in die Militärausbildung gewinnen zu können.» Info-Tage seien meist zu theoretisch. Eine direkte Anmeldung zur Rekrutenschule dagegen sei für viele zu verpflichtend.
Mit einer zweiwöchigen Schnupper-RS als erstem Schritt hingegen dürfte der Zugang zur RS für viele eine kleinere Hürde darstellen, ist Sicherheitspolitiker Flach überzeugt. So seien wohl mehr Frauen zum Dienst zu motivieren.
Der Bundesrat erkennt gar keinen Bedarf
Doch trotz aller Personalprobleme: Der Bundesrat sieht dafür gar keinen Bedarf. Er sieht die Armee bereits auf Kurs. So würden sich verschiedene Massnahmen des Verteidigungsdepartements (VBS) bereits positiv auswirken. «Leisteten 2018 noch rund 1100 Frauen Militärdienst, so sind es heute bereits rund 1500», betont der Bundesrat nicht ohne Stolz.
Die Zunahme sei etwa darauf zurückzuführen, dass Frauen in der Armee mehr wahrgenommen würden sowie auf ein verbessertes Informationsangebot. So könnten sich Interessierte etwa an vielen Berufs- und Publikumsmessen über den Militärdienst informieren. Zudem würden laufend weiter Möglichkeiten zur besseren Vereinbarkeit von Dienstpflicht und Familie geprüft.
Fortschritte bleiben marginal
So sei die Zahl der Rekrutinnen 2022 schon das dritte Jahr in Folge gestiegen. Damit sei der Frauenanteil von 0,8 Prozent auf gut ein Prozent geklettert, betont der Bundesrat. Eine Schnupper-RS sei daher vorerst gar nicht nötig. Erst will die Regierung die Wirkung bereits ergriffener Massnahmen beurteilen.
Was der Bundesrat allerdings nicht erwähnt: Aller Anstrengungen zum Trotz ist die Armee noch immer meilenweit weg von den selber gesetzten Zielen. So will Armeechef Süssli bis 2030 einen Frauenanteil von zehn Prozent erreichen – eine Verzehnfachung innert acht Jahren!
Dass dieses Ziel einzig mit drastischen Massnahmen zu erreichen ist, weiss auch das VBS. Deshalb hat es bereits vier verschiedene Vorschläge für die Dienstpflicht von morgen erarbeitet – diese reichen von einer Sicherheitsdienstpflicht bis hin zu einem Bürgerdienst. Noch aber ist unklar, in welche Richtung es gehen soll. (dba)