Zumindest bis jetzt galt die Abschaffung des Eigenmietwerts als sehr bürgerliches Anliegen. Jahrelang dauerte auf der politischen Ebene der Kampf dafür, dass Besitzerinnen und Besitzer von Häusern und Wohnungen die Steuer nicht mehr zahlen müssen.
Im Dezember gelang der Durchbruch: Das Parlament besiegelte die Abschaffung des Eigenmietwerts. Noch dieses Jahr dürfte darüber abgestimmt werden.
Doch bereits jetzt gibt es grossen Widerstand. Ausgerechnet ein wichtiger Player stellt sich gegen die Abschaffungsvorlage: der Schweizer Gewerbeverband. Darüber hat die «NZZ» zuerst berichtet.
Eine neue Steuer, aber weniger Abzüge
Warum wehrt sich jetzt ausgerechnet ein urbürgerlicher Verband gegen ein bürgerliches Anliegen? In seiner Mitgliederzeitschrift nennt der Verband mehrere Gründe:
Der Verband ortet in der Reform «tiefe Lücken und schwerwiegende Folgen für die Eigentümer und die Schweizer Wirtschaft» in der Form, wie die Vorlage ausgestaltet ist. Sie kappt nämlich auch die Abzüge für den Unterhalt von Eigenheimen. «Die Kosten für den Unterhalt von Immobilien werden sowohl auf Bundes- als auch auf Kantonsebene nicht mehr abzugsfähig sein», schreibt der Verband. «Die Eigentümer werden diese Kosten also ohne Steuererleichterungen selbst tragen müssen.» Gerade im Bereich der Energiesparmassnahmen sei dies in Zeiten der Energiewende «unverständlich».
Hinzu kämen weitere Verschlechterungen für Hausbesitzer. Auch gegen eine neue Steuer auf Zweitwohnungen wehrt sich der Gewerbeverband. Sie sei «eine echte Bremse für die lokale wirtschaftliche Entwicklung» in Tourismusregionen.
Der Widerstand ist breit
Mit dem Widerstand ist der Gewerbeverband nicht allein. Auch die Gebirgskantone wehren sich, denn sie fürchten grosse Verluste bei den Steuereinnahmen. Zwar sehen National- und Ständerat eine neue spezielle Steuer für Zweitwohnungen vor. Diese genügt aus Sicht der Bergkantone aber nicht. Ebenso ist aus den Reihen kantonaler Finanzdirektoren wenig Begeisterung zu vernehmen, wie die «NZZ» berichtet.
Gegen die Abschaffung sind auch die linken Parteien. SP und Grüne halten die Abschaffung nicht nur für ein Privileg für Vermögende. Sie stören sich auch an den geringeren Einnahmen für die Staatskasse, der in den kommenden Jahren deutliche Defizite drohen.
Update: Der Gewerbeverband hat den Onlineartikel mit Kritik an der Abschaffungsvorlage auf seiner Homepage inzwischen wieder gelöscht. Der Verband betont, der Vorstand und die Gewerbekammer würden sich noch eingehender mit der Vorlage befassen. Man sei nicht grundsätzlich gegen die Abschaffung des Eigenmietwerts, habe aber Bedenken bei der spezifischen Ausgestaltung der Vorlage.