Auf einen Blick
- Armee und Zivilschutz fehlen Soldaten, Nationalratskommission fordert Massnahmen
- Wiedereinführung der Gewissensprüfung für Zivildienst wird diskutiert
- Prognose: Bis 2030 fehlen der Armee rund 25 Prozent der Bestände
Der Armee gehen die Soldaten aus. Immer weniger Schweizer leisten überhaupt Dienst. Auch laufen immer mehr Leute davon – aus medizinischen Gründen oder weil sie in den Zivildienst wechseln. «Am Ende des Jahrzehnts wird uns rund ein Viertel der Bestände fehlen!», sagte Armeechef Thomas Süssli (58) im Blick.
Nicht besser sieht es beim Zivilschutz aus. Schweizweit 72'000 Personen braucht er, um seine Aufgaben erfüllen zu können. Vor einem Jahr lag der Ist-Bestand noch bei 60'000 Schutzdienstpflichtigen. Und nach Prognosen des Bundes dürfte der Bestand weiter sinken. Denn viele wandern lieber in den Zivildienst ab.
Nationalratskommission will Bestände sichern
Ein wichtiger Grund für diese Entwicklung: 2009 ist die Gewissensprüfung abgeschafft worden. Wer keinen Militärdienst leisten will, muss einen sogenannten «Tatbeweis» erbringen, indem er einen 1,5-mal so langen Ersatzdienst im Zivildienst leistet. Jedes Jahr sind das rund 6600 Personen.
Damit soll bald Schluss sein! Um die Bestände bei Armee und Zivilschutz zu sichern, soll der Bundesrat nicht nur die seit langem diskutierte Sicherheitsdienstpflicht einführen, bei dem Zivilschutz und -dienst zu einem Katastrophenschutz zusammengelegt würden. Auch soll er prüfen, ob die Gewissensprüfung wieder eingeführt werden soll. Das fordert die Sicherheitspolitische Kommission des Nationalrates (SiK-N).
Eine Kommissionsmehrheit kritisiert das zögerliche Vorgehen des Bundesrats. Abgesehen von der Einführung eines obligatorischen Orientierungstages für Frauen will er erst Ende 2027 über weitere Schritte entscheiden. «Angesichts der aktuellen geopolitischen Unsicherheiten und wachsender internationaler Spannungen erachtet die Mehrheit rasche und wirksame Massnahmen für unabdingbar, um die Wehrpflicht zu stärken, und die personellen Bestände der Armee und des Zivilschutzes zu sichern», schreibt die Kommission.
Minderheit erachtet Entscheid als überstürzt
Die Minderheit hingegen erachtet das vom Bundesrat vorgeschlagene Vorgehen als sinnvoll. Zudem hätte sie es vorgezogen, im Rahmen der Beratung der Service-citoyen-Initiative allfällige Anpassungen am Dienstpflichtmodell vertiefter zu prüfen. Sie erachtet den Entscheid der Kommissionsmehrheit als überstürzt.
Auch eine Wiedereinführung der Gewissensprüfung erachtet sie als den falschen Weg. Dadurch würden nur unnötige Kosten entstehen und administrativer Aufwand generiert, zumal die Zulassungsquote der damaligen Gewissensprüfung äusserst hoch war. Die aktuelle Lösung mit dem Tatbeweis habe sich bewährt. Zudem unterstreicht die Minderheit, dass die Gewissensfreiheit ein Grundrecht ist.