Armee wird nicht verkleinert
Bundesrat biegt sich das Gesetz zurecht

Die Armee hat zu viele Soldaten. Seit Anfang Jahr wird die gesetzliche Höchstgrenze überschritten. Statt sich ans Militärgesetz zu halten, will der Bundesrat dieses aber lieber anpassen.
Publiziert: 01.11.2023 um 12:08 Uhr
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Aktualisiert: 01.11.2023 um 16:05 Uhr
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Jedes Jahr verliere die Armee ein paar Tausend Leute. «Am Ende des Jahrzehnts wird uns rund ein Viertel der Bestände fehlen», warnt Armeechef Thomas Süssli.
Foto: Keystone

Im Krieg und in der Liebe ist alles erlaubt, heisst es im Volksmund. Das scheint sich auch der Bundesrat zu Herzen zu nehmen: Wenn die Armee in Kriegszeiten die gesetzlichen Vorgaben nicht einhält, dann wird halt das Gesetz angepasst.

Denn eigentlich ist die Ausgangslage klar: Die Schweizer Armee hat zu viele Soldaten. So besagt die Verordnung über die Organisation der Armee, dass das Militär einen Sollbestand von 100'000 und einen Effektivbestand von 140'000 Dienstpflichtigen hat – höchstens.

Faktisch aber ist der Bestand 2022 auf über 151'000 Personen angestiegen. Heute sind es gut 147'000 Armeeangehörige. Immer noch über 7000 mehr als rechtlich zulässig. Zwar darf der Bund laut Militärgesetz den maximal zulässigen Armeebestand überschreiten; das war aber bis Ende 2022 befristet. Jetzt verstösst es gegen das Gesetz.

Lieber Gesetz als Bestände anpassen

Um sich wieder an Recht und Gesetz zu halten, hatte Verteidigungsministerin Viola Amherd (61) dem Gesamtbundesrat vorgeschlagen, den Effektivbestand in den nächsten Jahren um insgesamt 18’400 Armeeangehörige zu senken. Um das Ziel zu erreichen, müsste die Armee zwei Jahrgänge von Armeeangehörigen, die ihre Ausbildungsdienstpflicht bereits erfüllt haben, früher entlassen.

Bei ihren Regierungskollegen aber ist die Mitte-Bundesrätin auf Widerstand gestossen. Damit das Gesetz wieder eingehalten wird, soll das Verteidigungsdepartement VBS nun einfach eine Vernehmlassungsvorlage für eine Änderung des Militärgesetzes zu erarbeiten, um den vorgegebenen maximalen Bestand für eine gewisse Zeit zu überschreiten.

Bundesrat will nicht auf Soldaten verzichten

«Angesichts der aktuellen geopolitischen Lage erachtet der Bundesrat eine Reduktion des Effektivbestandes der Armee zum jetzigen Zeitpunkt als nicht opportun», argumentiert die Landesregierung.

Heisst konkret: Während in Osteuropa Krieg und wegen des Nahost-Konflikts erhöhte Terrorgefahr herrscht, sei es wenig sinnvoll, Soldaten aus dem Dienst zu entlassen. Genügend hohe Bestände seien wichtig, um die Durchhaltefähigkeit bei länger dauernden Einsätzen über Ablösungen sicherstellen zu können. (dba)

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