Turbulenzen bei der FDP
Liebes-Aus bei Thierry Burkart

Die FDP verliert eine Wahl nach der anderen. Auch privat gibt Parteichef Thierry Burkart zu reden.
Publiziert: 00:29 Uhr
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Kein Paar mehr: FDP-Chef Thierry Burkart (l.) und Janine Albiez (M.). Rechts im Bild: Sabina Freiermuth von der Aargauer FDP.
Foto: keystone-sda.ch
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Raphael RauchBundeshausredaktor

Das Glück war nur von kurzer Dauer: Vor einem Jahr machte FDP-Chef Thierry Burkart (49) seine Partnerin Janine Albiez (48) in der «Schweizer Illustrierten» einem breiteren Publikum bekannt. Nun aber – wenige Monate später – gehen die medizinische Praxisassistentin und Burkart getrennte Wege. Auf Anfrage hin bestätigt Burkart: «Wir sind seit September getrennt.» Weiter will sich Burkart nicht zu seinem Privatleben äussern. Er bestätigt aber, dass sein Wohnort und Lebensmittelpunkt in Lengnau AG bleibe. 2021 zog das Paar mit den beiden Kindern, die Albiez aus einer früheren Beziehung hat, in Lengnau zusammen. Auch von Hochzeitsplänen war die Rede. Die FDP-Fraktion hatte sogar schon Geld für ein Geschenk gesammelt: Es sollte aus «NZZ»-Aktien bestehen. Nach der Hochzeitsabsage erhielten die Parlamentarier ihr Geld zurück.

Pech in der Liebe, Glück in der Politik? Es wäre ein Trost, aber für Burkarts FDP trifft das nicht zu. Zwar schneidet Burkart im Vergleich mit den anderen Parteichefs am besten ab: 67 Prozent der FDP-Wähler sind laut Sotomo-Wahlbarometer der Ansicht, «dass Burkart eine positive Wirkung auf seine Partei hat»; den zweitbesten Umfragewert erzielte der abtretende Mitte-Chef Gerhard Pfister (62) mit 62 Prozent. Burkart konnte seinen Bonus allerdings nicht in politisches Kapital umwandeln. Anders als die Mitte, für die das eigene Chaos bei Wahlen bisher ohne Folgen geblieben ist, kassierte die FDP eine Niederlage nach der anderen – zuletzt am Sonntag vor Ostern im Kanton Solothurn. Auch Parteikollegen räumen ein, Petra Gössi (49) sei als Präsidentin erfolgreicher gewesen als ihr Nachfolger.

Rücktritt spätestens 2027

Unter diesem Druck kündigte Thierry Burkart im Januar an, spätestens 2027 als Parteichef zurückzutreten. Politgeograf Michael Hermann (53) zeigt sich von dieser Aussage überrascht: «Als Parteichef sollte man seinen Rücktritt niemals so früh ankündigen – sonst läuft man Gefahr, zur ‹lame duck› zu werden», zur «lahmen Ente». Burkart widerspricht: «Ich engagiere mich jeden Tag aus Überzeugung für unsere Partei. Besonders motiviert mich dabei der starke Rückhalt an der Basis.»

Trotzdem wirkt Burkart für manche wie ein Getriebener: einer, der vor lauter Pflöckeeinschlagen am Ende wenig bewirkt. Drei Beispiele:

  • Sicherheitspolitik: Zu Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine profilierte sich Burkart als Sicherheitspolitiker und trieb die anderen Parteien vor sich her. Als das Armeebudget dann tatsächlich erhöht werden sollte, war von Burkart kaum noch etwas zu hören – als hätte ihm FDP-Finanzministerin Karin Keller-Sutter (61) einen Maulkorb erteilt. Fest steht: Der FDP war die Einhaltung der Schuldenbremse wichtiger als das Militärbudget. Burkart will auch dies nicht so stehen lassen: «Die Sicherheit der Schweiz und gesunde Staatsfinanzen dürfen nicht gegeneinander ausgespielt werden. Wer neue Ausgaben reflexartig mit Steuererhöhungen verknüpft, liegt falsch.»
  • Finanzpolitik: Nach der Pleite der Credit Suisse suchte Burkart die Konfrontation mit den Grossbanken. Dennoch ist unklar, wofür die FDP steht. Stützt sie den Kurs von Finma und Nationalbank, gemäss dem die UBS ihre ausländischen Tochterunternehmen künftig mit 100 Prozent Eigenkapital unterlegen muss? Burkart zeigt da wenig Entschlossenheit: «Es wäre nicht seriös, einzelne Massnahmen gesondert zu beurteilen, bevor der Bundesrat die angekündigte Revision des Too-big-to-fail-Regelwerks präsentiert.»
  • Migrationspolitik: Burkart steht für einen Rechtsruck der FDP – auch beim heiklen Thema Familiennachzug. Sozialliberale Stimmen, denen die Europäische Menschenrechtskonvention wichtig ist, zeigen sich von Burkarts Schmusekurs mit der SVP irritiert. Politologe Lukas Golder (51) sagt: «Die Gratwanderung zwischen der Anhängerschaft, die Verschärfungen fordert, und der Einhaltung liberaler Grundsätze in der Migration ist zwar anspruchsvoll, aber angesichts des wahrgenommenen Problemdrucks notwendig.»

Der Hickhack im EU-Dossier kommt noch dazu. Das einzige Politikfeld, in dem Burkart wirklich punkten kann, ist die Bildungspolitik. «Die FDP hat eine längst überfällige Debatte über den besorgniserregenden Zustand unserer Volksschule angestossen. Seither wurden schweizweit mehrere Dutzend FDP-Vorstösse eingereicht – alle mit dem Ziel, unsere Volksschule wieder auf Kurs zu bringen», sagt er selbst.

«Wir dürfen nichts beschönigen»

Den Vorwurf, die FDP befinde sich in Schwierigkeiten, will der FDP-Präsident nicht gelten lassen. «Wir dürfen nichts beschönigen – aber wir sind nicht in einer Krise.» Er wolle die FDP sowohl nach links als auch nach rechts klar abgrenzen: «Die Mitte und SP planen bereits den nächsten gigantischen AHV-Ausbau, ohne zu wissen, wie die 13. Rente finanziert werden soll. Die SVP will die Bilateralen künden, obwohl Donald Trump gerade den Freihandel sabotiert, den die Schweiz dringend braucht.» Für die FDP steht viel auf dem Spiel: 2027 könnte sie den zweiten Bundesratssitz verlieren. Wann genau er die Parteispitze räumen will, lässt Burkart weiterhin offen.

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