Auf einen Blick
- Bundesrätin Keller-Sutter verschickt an FDP-Kollegen ein Faktenblatt
- Welsche Liberale sind offenbar gegen einen Verkauf von Beyond Gravity
- Beyond Gravity benötigt Investitionen in Höhe von 500 bis 600 Millionen Franken
Bundesrätin Karin Keller-Sutter (60) mag keine Unruhe. Doch seit Monaten mehren sich die Stimmen jener, die das staatseigene Raumfahrtunternehmen Beyond Gravity doch nicht verkaufen oder es wenigstens in der Schweiz belassen wollen.
Teil der Unruhe ist FDP-Parteichef Thierry Burkart (49). Als Mitglied der Studienkommission Sicherheitspolitik hat Burkart einen Bericht mitverfasst, der die Haltung des Bundesrats herausfordert: «Es stellt sich auch die Frage, ob der angedachte Verkauf von Beyond Gravity ins Ausland tatsächlich die richtige Entscheidung sei», hält die Studienkommission fest. Am Bericht haben Burkarts Parteikollegen Valentin Vogt (63) und Katja Gentinetta (56) federführend mitgewirkt. Zwar sei nicht entscheidend, wem das Unternehmen gehöre, sondern wie frei es am Markt agieren könne. Doch «ein Verbleib der Raumfahrt-Division in der Schweiz wäre wünschenswert», hält der Bericht fest.
Beyond Gravity braucht 500 bis 600 Millionen Franken
Klar ist: Der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat den Blick auf Beyond Gravity verändert. Die Schweiz gilt im Ausland nicht mehr als verlässlicher Rüstungspartner. Viele Parlamentarier fragen sich: Ergibt es Sinn, Schweizer Tafelsilber zu verkaufen, wenn die Zukunft der Schweizer Rüstungsindustrie auf dem Spiel steht? Umgekehrt meldet Beyond Gravity einen Investitionsbedarf von 500 bis 600 Millionen Franken an. Wer das in Zeiten klammer Kassen zahlen soll, weiss niemand.
Wie die «NZZ» und der «Tages-Anzeiger» berichten, könnte eine Motion von Mitte-Nationalrätin Isabelle Chappuis (53) und Michael Götte (45) erfolgreich sein. «Die Kontrolle über Beyond Gravity zu behalten, ist von strategischem Interesse», lautet der Titel der Motion, mit dem sie den Bundesrat zur Umkehr zwingen wollen. Nach Blick-Informationen hat die Waadtländer Nationalrätin Chappuis vor allem bei den welschen FDP-Mitgliedern Überzeugungsarbeit geleistet – und nun herrscht Unruhe in der FDP.
Keller-Sutter gibt den Tarif durch
Bundesrätin Karin Keller-Sutter hält am Verkauf von Beyond Gravity fest. Am 10. September gab sie in einer FDP-Fraktionssitzung den Tarif durch. Ihre Botschaft: «Es ist essenziell, den Verkaufsprozess offen zu gestalten. Einschränkungen, die ausländische Interessenten bereits zu Beginn des Verkaufsprozesses von einem Angebot abhalten, sollten vermieden werden.» So steht es in einem Faktenblatt, das Blick vorliegt.
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Was manche irritiert: Obwohl das Faktenblatt vom Eidgenössischen Finanzdepartement (EFD) erstellt wurde, richtet es sich nur an die FDP-Mitglieder der Sicherheitspolitischen Kommission, an Parteichef Thierry Burkart und Fraktionschef Damien Cottier (49). SIK-Mitglieder anderer Parteien bestätigen gegenüber Blick, das Faktenblatt nicht erhalten zu haben. «Ich finde es speziell, dass Frau Keller-Sutter nur ihre Parteikollegen informiert hat», sagt Mitte-Nationalrätin Chappuis.
«KKS will den Verkauf durchziehen»
Das Finanzdepartement beschwichtigt: «Die Motion zu Beyond Gravity war an der Sitzung der FDP-Fraktion vom 10. September 2024 traktandiert. Mit Blick auf diese Diskussion, an der auch Bundesrätin Karin Keller-Sutter teilgenommen hat, hat das EFD den FDP-Mitgliedern dieses Faktenblatt zukommen lassen. Der Inhalt des Faktenblatts deckt sich mit der Antwort des Bundesrats auf die Motion.»
Keller-Sutters Vorgehen gibt aber auch in der FDP zu reden. «KKS will den Verkauf durchziehen», sagt ein FDP-Parlamentarier, der nicht genannt werden will. «In anderen Parteien gibt der Parteichef den Kurs des Bundesrats vor. Bundesrätin Keller-Sutter hingegen sieht Thierry Burkart als Befehlsempfänger.»
Burkarts Schwester sitzt im Verwaltungsrat
Die Privatisierung von Beyond Gravity dürfte auch in der Familie Burkart zu reden geben, denn Thierry Burkarts Schwester Déborah Carlson-Burkart (55) ist Verwaltungsrätin des staatseigenen Rüstungskonzerns Ruag International, dem Beyond Gravity noch gehört. Zur Zukunft des Raumfahrtunternehmens will sich Carlson-Burkart nicht äussern: «Bei weiteren Fragen zur Privatisierung können Sie sich gerne an die Medienstelle der Beyond Gravity wenden.»