Was ist mit Thierry Burkart (49) los? Diese Frage stellen sich seine Parteikollegen schon länger. Erst erzählt er der «Schweizer Illustrierten», dass Gummibären seine Sucht seien und er neuerdings reite. Dann entdeckte er das Thema Bildung für sich. Nun fährt er in Sachen Sicherheitspolitik einen Zickzackkurs.
Am Donnerstag stellte der ehemalige Präsident des Arbeitgeberverbands Valentin Vogt (63) die Ergebnisse der Studienkommission Sicherheitspolitik vor, der auch Burkart angehörte. Allerdings war ihm Burkart am Mittwoch mit einem «NZZ»-Gastkommentar zuvorgekommen. «Mehr Parlament in der Sicherheitspolitik», titelte das freisinnige Blatt. Burkart forderte vom Bundesrat Taten und präsentierte das Parlament als Lösung für die sicherheitspolitischen Probleme der Schweiz.
Das Parlament redet seit 30 Monaten
Einen Tag später keilte Vogt zurück. Ohne Burkart beim Namen zu nennen, widersprach Vogt energisch: Das Parlament habe 30 Monate seit dem russischen Angriffskrieg auf die Ukraine nur debattiert, aber nichts entschieden. «Die Polarisierung der Parlamentsarbeit muss zugunsten einer erhöhten Sicherheit in unserem Land in den Hintergrund treten. Das Parlament hat seit März 2022 nichts beschlossen, was die Sicherheit unseres Landes erhöht», sagte Vogt. Auch andere Mitglieder der Studienkommission kritisieren Burkarts Vorpreschen – zumal es weiteren Ärger gab.
Mehr zur Studienkommission
Am Dienstag verschickte die von Thierry Burkart präsidierte Allianz Sicherheit Schweiz (ASS) einen Entwurf für einen Newsletter-Beitrag. Die Allianz wollte den Bericht der Studienkommission kritisieren, obwohl vier Vorstandsmitglieder an dem Bericht mitgeschrieben hatten.
FDP-Parteipolitik im Newsletter
Auch versuchte Burkart, FDP-Parteipolitik im Newsletter unterzubringen. So kritisierte er Bedenken bei künstlicher Intelligenz und autonomen Waffensystemen: «Wenn KI, Robotik und autonome Waffensysteme zum heutigen Zeitpunkt reguliert werden, werden sich bei uns das technologische Know-how und die industriellen Fähigkeiten gar nicht erst entwickeln.» Am Ende musste der Parteichef einen Grossteil seines Texts streichen.
Burkarts Tage als Sicherheitspolitiker dürften gezählt sein. Nach den letzten Wahlen verliess er die Sicherheitspolitische Kommission (SiK) des Ständerats. Und nächstes Jahr hört er als Präsident der Allianz Sicherheit Schweiz auf. Parteikollegen verbreiten das Gerücht, der Grund für Burkarts Rückzug aus der SiK sei seine Schwester, die seit 2021 Verwaltungsrätin des staatseigenen Rüstungskonzerns Ruag International ist.
«Die Rollen sind klar definiert»
Déborah Carlson-Burkart (55) sieht keinen Interessenkonflikt: «Die VR-Besetzung wurde mit einem professionellen, transparenten Auswahlverfahren geführt. Die Rollen und Verantwortlichkeiten meines Bruders und von mir sind klar definiert und voneinander absolut getrennt. Mein Fokus als Verwaltungsrätin liegt auf der nachhaltigen Entwicklung und strategischen Ausrichtung von Ruag International.»
Umso pikanter ist die Kritik an der Ruag, die ihr Bruder mitträgt. Die Studienkommission wirft die Frage auf, ob die Ruag nicht wieder in ein Bundesamt überführt werden solle und ob der geplante Verkauf des Raumfahrt-Unternehmens Beyond Gravity ins Ausland «tatsächlich die richtige Entscheidung» sei.
Lieber Urek statt SiK
Gegenüber Blick rechtfertigt Thierry Burkart seinen «NZZ»-Gastkommentar: «Mein Beitrag thematisiert den ungenügenden Planungs- und Steuerungsprozess der Sicherheitspolitik und beschlägt kein Thema der Studienkommission.» Ausserdem sei der Gastkommentar die Zusammenfassung eines längeren Artikels, der bereits im Mai erschienen sei.
Die Sicherheitspolitische Kommission habe er verlassen, weil er Vizepräsident der Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek) geworden sei: «Die Sitzungen der SiK und der Urek finden jeweils zum selben Zeitpunkt statt, weshalb man nicht in beiden Kommissionen gleichzeitig Einsitz nehmen kann.»
Burkart fordert nun eine ernsthafte Debatte über die Verteidigungsfähigkeit der Schweiz: «Die Bedrohungslage in Europa verschärft sich laufend. Unsere Nachbarn haben dies erkannt. Sie investieren in ihre Armeen. Auch wir müssen dafür sorgen, dass wir wieder eine funktionierende Landesverteidigung haben.»