Russlands Staatspräsident Wladimir Putin (69) sorgt für eine weitere Eskalation. Am Mittwoch verkündete er die Teilmobilmachung. Er will weitere 300'000 Reservisten in den Ukraine-Krieg schicken. Das löst im eigenen Land vielerorts Panik aus. Russen im wehrpflichtigen Alter wollen sich nicht in den sinnlosen Krieg schicken lassen. Viele möchten das Land fluchtartig verlassen – Flüge waren innert kürzester Zeit ausgebucht.
Nach den Ukraine-Flüchtlingen könnte es bereits zur nächsten Fluchtbewegung in den Westen kommen. Die Schweizer Politik bereitet sich bereits vor. So fordert die SP, das Botschaftsasyl wieder einzuführen. «Die Schweiz hat ein grosses Interesse daran, dass diese Männer nicht in den Krieg ziehen», betont SP-Nationalrat Fabian Molina (32). Die SVP hingegen wehrt sich schon mal vorsorglich gegen ein solches Vorpreschen. Die Schweiz sollte alle Asylbewerber gleich behandeln, findet Fraktionschef Thomas Aeschi (43).
Erst 128 russische Flüchtlinge seit Anfang Jahr
Fakt ist: Bisher haben kaum russische Flüchtlinge den Weg in die Schweiz gefunden. So hat das Staatssekretariat für Migration (SEM) seit Anfang Jahr 128 Asylgesuche aus Russland registriert, gut ein Prozent aller Gesuche. Dabei werden die Fluchtgründe aber nicht statistisch erfasst.
Bis jetzt gebe es allerdings wenig Hinweise auf eine Akzentuierung, erklärt SEM-Sprecher Lukas Rieder. So wurden im August nur 18 Asylgesuche von russischen Staatsangehörigen eingereicht. Im Vorjahr waren es 10 gewesen. Im Juli ist die Zahl im Vergleich zum Vorjahr sogar von 23 auf 11 gesunken.
Wehrdienstverweigerung allein reicht nicht
Mit dem weiteren Verlauf des Ukraine-Krieges könnte sich diese Entwicklung aber rasch ändern. Klar ist allerdings: Wehrdienstverweigerung oder Desertion allein reicht nicht, um in der Schweiz Asyl zu erhalten. Muss die Person in ihrer Heimat allerdings mit derart harten Strafen rechnen, dass zusätzliche, flüchtlingsrelevante Motive vorliegen, kann sie allenfalls dennoch als Flüchtling anerkannt werden. Jeder Einzelfall werde deshalb intensiv geprüft, so das SEM.
Und selbst wer von den Behörden nicht als Flüchtling anerkannt wird, muss nicht zwingend gleich wieder gehen. Das SEM prüft in einem zweiten Schritt, ob eine Wegweisung zulässig, zumutbar und möglich ist. So ist der Vollzug beispielsweise nicht zulässig, wenn der Betroffene im Heimatstaat konkret von Krieg, allgemeiner Gewalt oder einer medizinischen Notlage gefährdet ist. Eine Person, erhält dann statt des Flüchtlingsstatus eine vorläufige Aufnahme. Bessert sich die Lage in der Heimat wieder, müsste die Person die Schweiz verlassen.
Eine vorläufige Aufnahme könnte auch für russische Deserteure, denen im Verlauf des Kriegs von Vorgesetzten mit dem Tod gedroht wurde, ausgesprochen werden. (dba)