Trotz erster Bewerberin für Sommaruga-Sitz – SP-Chefs auf falschem Fuss erwischt
Eva gegen Evi

Nun hat auch noch die Berner Nationalrätin Flavia Wasserfallen für die Nachfolge von Bundesrätin Simonetta Sommaruga abgesagt. Dafür tritt Evi Allemann zur Bundesrats-Wahl an. Und am Donnerstag folgte Eva Herzog.
Publiziert: 10.11.2022 um 00:12 Uhr
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Aktualisiert: 10.11.2022 um 09:50 Uhr
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Evi Allemann hat am Mittwoch verkündet, für den Bundesrat zu kandidieren.
Foto: KEYSTONE
Ruedi Studer, Daniel Ballmer und Pascal Tischhauser

Evi Allemann (44) tritt an. Die Berner SP-Regierungsrätin will Nachfolgerin von Bundesrätin Simonetta Sommaruga (62) werden, wie sie am Mittwoch gegenüber dem «Tages-Anzeiger» sagte. Nach der Absage der Nationalrätin Flavia Wasserfallen (43) gleichentags haben es die Sozialdemokraten doch noch geschafft, eine junge Mutter ins Rennen zu schicken.

Damit gelingt es der SP auf den ersten Blick, dem eigenen Anspruch gerecht zu werden. Sie will mit einer Art Sanna Marin (36) – der finnischen Ministerpräsidentin und jungen Mutter – für frischen Wind sorgen. Just eine hochkarätige Bewerberin aus den eigenen Reihen könnte der Partei aber einen Strich durch die Rechnung machen: Eva Herzog (60).

Druck auf Wasserfallen soll riesig gewesen sein

Wer für die Sozialdemokraten in den Bundesrat einziehen will, muss nämlich wohl an der früheren Basler Regierungsrätin und heutigen Ständerätin vorbei. Sie hat für Donnerstag zum Pressetermin nach Bern geladen. Für eine Absage hätte sie das kaum getan.

Wasserfallen jedenfalls mochte sich nicht mit Herzog messen. Sie wolle ihre Arbeit im Nationalrat und ab dem Dezember 2023 «hoffentlich» im Ständerat weiterführen, sagt sie. «Hinzu kommt, dass ich im Moment ein Arbeits- und Familienleben führe, das meinen persönlichen Vorstellungen entspricht, und ich mich daher auch gegen erhebliche Veränderungen in diesem Gleichgewicht entscheide.»

Dabei sei der Druck auf Wasserfallen, unbedingt ins Rennen zu steigen, enorm gewesen, sagen Partei-Insider. Denn zuvor hagelte es nur Absagen. Co-Parteichefin Mattea Meyer (35) und die Berner Nationalrätin Nadine Masshardt (38) winkten noch am Tag von Sommarugas Rücktritt ab. Später folgten die Aargauer alt Ständerätin Pascale Bruderer (45) und die Waadtländer Staatsrätin Rebecca Ruiz (40). So bekniete die Parteileitung Wasserfallen.

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SP-Spitze wurde auf dem linken Fuss erwischt

Nun also soll es eine andere Bernerin richten. Evi Allemann, die seit 2018 in der Kantonsregierung sitzt, hat seither national kaum Schlagzeilen gemacht. Auch dass sie seit fünf Jahren nicht mehr selbst im Parlament sitzt, dürfte kaum dabei helfen, den Vorzug gegenüber Herzog zu bekommen.

Mit deren Hausmacht im Ständerat, der Regierungsratserfahrung und ihrer Realo-Politik am rechten Rand der SP stehen die Chancen um einiges besser, dass die Baslerin am 7. Dezember den Sommaruga-Sitz holt. Sie dürfte allerdings nicht die Wunschkandidatin der jusofizierten Parteispitze um Mattea Meyer (35) und Cédric Wermuth (36) sein.

Die Entwicklungen der letzten Tage zeigen: Die SP-Führung wurde von Sommarugas Rücktritt auf dem falschen Fuss erwischt. Die Partei war zu wenig vorbereitet. In einer Feuerwehrübung versuchte sie zwar, die Zügel rasch in die Hand zu nehmen, indem sie sogleich ein weibliches Zweierticket als Ziel vorgab.

Absagen eröffneten Jositsch das Feld

Doch offenbar hat es die SP-Spitze mit ihrem Schnellschuss verpasst, sich im Vorfeld mehrere Kandidatinnen zu sichern. Stattdessen machte eine um die andere einen Rückzieher. «Die Parteispitze wollte rasch Klarheit schaffen und hat sich damit verspekuliert», sagt ein langjähriger Bundeshaus-Beobachter. «Nur weil so viele Frauen so schnell abgesagt haben, hat sich das Feld derart gelichtet, dass Jositsch reinspringen konnte. Das hätte man cleverer lösen können.»

Tatsächlich dürfte das Zaudern der Frauen den Zürcher SP-Ständerat Daniel Jositsch (57) darin bestärkt haben, entgegen den Partei-Vorgaben als Mann zuerst seine Bundesratskandidatur anzukündigen und damit gleich noch eine parteiinterne Gleichstellungsdebatte loszutreten.

«Für die SP ist das eine unangenehme Ausgangslage»

Böse Zungen witzelten bereits, dass die Genossen am Schluss doch noch Jositsch nominieren müssten, um überhaupt ein Zweierticket präsentieren zu können. Auch wenn die Sprücheklopfer nun verstummen und egal, ob noch eine Schweizer Sanna Marin ihren Hut in den Ring wirft: An Herzog kommt sie nur schwer vorbei.

«Für die SP ist das eine unangenehme Ausgangslage», sagt der Beobachter. «Schliesslich gilt Herzog ja nicht gerade als Nachwuchshoffnung.» So eine hätte man aber gern gehabt, eine junge Frau mit Kindern. Aber eben: Tritt Herzog an, dürfte die Bundesversammlung sie wählen. Kein guter Start für die Beziehung zwischen neuer Bundesrätin und Partei.

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