NDB zur Spionage in der Schweiz
«Grösste Bedrohung geht von russischen Nachrichtendiensten aus»

Der Nachrichtendienst sieht eine sicherheitspolitische Verschlechterung im Vergleich zu den vergangenen Jahren. Die Terror-Bedrohung habe sich akzentuiert.
Publiziert: 22.10.2024 um 14:00 Uhr
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Aktualisiert: 22.10.2024 um 17:36 Uhr
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Christian Dussey, Direktor Nachrichtendienst des Bundes NDB, stellt den neuen Lagebericht vor.
Foto: Keystone

Auf einen Blick

  • Schweiz weniger sicher als vor wenigen Jahren
  • Ausländische Staaten betreiben vermehrt Spionage
  • Terrorgefahr bleibt erhöht
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Es ist ein düstereres Bild als im vergangenen Jahr, das Christian Dussey, Direktor Nachrichtendienst des Bundes (NDB) am Dienstagnachmittag vor den Medien in Form eines Jahresberichts präsentierte. Das sicherheitspolitische Umfeld der Schweiz sei geprägt von einer starken Polarisierung mit Multikrisen. «Wir leben in einer gefährlichen Zeit», sagt Dussey. «Das sicherheitspolitische Umfeld der Schweiz verschlechtert sich von Jahr zu Jahr weiter.»

Schuld daran seien simultane Krisen und Kriege in und um Europa. «Der Krieg in der Ukraine und die sich weltweit verschärfende machtpolitische Konfrontation haben die hybride Bedrohung auch für die Schweiz erhöht – insbesondere durch russische Beeinflussungsaktivitäten.»

Auch der Nahostkonflikt «befeure die Radikalisierung gewisser Gruppen», sagt Dussey. «Antisemitismus und Israelfeindlichkeit stellen einen gemeinsamen Nenner für sehr unterschiedliche Akteure dar.» Er spricht dabei über gewalttätige Rechtsextremisten bis zu Jihadisten. Auch die Hisbollah stelle ein Gefahr dar. «Was die Schweiz betrifft, unterhält die Hisbollah ein Netzwerk von einigen Dutzend Personen, die die Organisation unterstützen. Einige davon könnten das auch bei einer terroristischen Attacke tun.» 

«Spionagebedrohung bleibt hoch»

Dazu kommt die Spionagebedrohung, insbesondere von Russland und China, mit getarnten Stützpunkten in der Schweiz. «Die Spionagebedrohung bleibt hoch.» Zahlreiche Nachrichtendienste hätten in der Schweiz getarnte Stützpunkte. Meistens seien diese in diplomatischen Vertretungen beheimatet. «Die grösste Bedrohung der Schweiz durch Spionage geht aktuell von mehreren russischen Nachrichtendiensten aus.» Auch die Bedrohung durch chinesische Nachrichtendienste sei hoch. Die Schweiz sei dabei häufig nur Schauplatz – das Ziel seien die Gegner der beiden Ländern.

«Die russischen Nachrichtendienste betreiben regelmässig und seit Jahren Informatikinfrastruktur in der Schweiz, um Ziele in der Schweiz und im Ausland anzugreifen. In der Schweiz dienen diese Cyberangriffe hauptsächlich der Spionage.» 

Die Schweiz bleibe für Russland ein «ein bevorzugter Aktionsraum», sagt NDB-Direktor Dussy. «Die Bedrohung durch Spionage und Angriffe im Cyberraum nimmt wahrscheinlich zu.» Ziel seien unter anderem die Rüstungseinkäufe, deren Funktionsweise auch für andere Länder interessant sein könnten. 

Mehr Personal gefordert

Auch die Terrorgefahr habe sich akzentuiert und bleibe erhöht. Es sei eine Zunahme der Radikalisierung Minderjähriger festzustellen. Diese erfolge online, in kurzer Zeit und könne bis zur Verübung eines Terroranschlags führen. 

Um dem zu begegnen, müsse «die Schlagkraft erhöht» werden. Übersetzt bedeutet das: mehr Mittel, mehr Personal. «Der NDB ist ein bisschen kleiner als die Stadtpolizei Lausanne», erinnert Dubay. Man müsse deshalb die Aufgaben priorisieren. Die Fähigkeit, Gefahren und Risiken zu erkennen, habe seit zwei Jahren abgenommen. 

Die Sicherheitspolitiker des Nationalrats wollen immerhin 150 neue Vollzeitstellen bis 2028 genehmigen – aktuell hat der NDB rund 400 Mitarbeiter. 

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