Das rote Taschenbuch sorgte für rote Köpfe im Land. Es kam sogar zur öffentlichen Bücherverbrennung auf dem Bundesplatz. Im Herbst 1969 liess der Bundesrat das sogenannte Zivilverteidigungsbuch an alle Schweizer Haushalte verteilen. Mitten im Kalten Krieg bestimmte die Angst vor einem Atomkrieg die Schweiz. Das Buch sollte die «innere Widerstandskraft», die geistige Landesverteidigung stärken.
Im Stil eines Ratgebers für Pfadfinder verfasst, sollte das Buch die Zivilbevölkerung auf einen bewaffneten Konflikt und einen Atomkrieg vorbereiten. So beschreibt das Buch den Ablauf eines Krieges von der Vorbereitung über einen Atomschlag bis zum Guerilla-Kampf und der Befreiung. Landesverteidigung als Volksauftrag. Die Schweiz befand sich damals in permanenter Abwehrhaltung. Sie wurde zum Land der Bunker und Luftschutzkeller.
«Damaliges Konfliktpotenzial bereits überschritten»
Der Kalte Krieg ist seit 35 Jahren Geschichte. Doch mit dem Ukraine-Krieg tauchen alte Ängste wieder auf. «Das aktuelle Konfliktpotenzial hat das Niveau von 1969 erreicht, wenn nicht sogar bereits überschritten», findet SVP-Nationalrat Benjamin Fischer (32). Es sei dringend nötig, dass sich die Bevölkerung angemessen auf wahrscheinliche Bedrohungen vorbereiten könne. Für Fischer steht fest: Es braucht ein neues Zivilverteidigungsbuch.
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«Es geht nicht um Panikmache, es geht um Sensibilisierung», betont Fischer. Jahrzehntelang seien viele Vorsichtsmassnahmen selbstverständlich gewesen. «Heute nimmt den Notvorrat niemand mehr ernst.» Dabei gehe es auch um Szenarien wie Strommangellagen, die ebenfalls durch Konflikte ausgelöst werden könnten. Für solche Krisen sei es wichtig, der Bevölkerung gewisse Grundregeln zu vermitteln.
Tatsächlich sei das Zivilverteidigungsbuch in vielem nicht mehr aktuell. Neue Bereiche wie Cyberattacken oder Desinformation über sozialen Medien seien hinzugekommen. «Das Prinzip aber ist gleich geblieben», ist Fischer überzeugt. Die Kriege in der Ukraine oder im Nahen Osten würden viele beschäftigen. «Aber es haben einfach noch immer nicht alle verstanden, wie gross die Gefahr auch für uns ist. Niemand ist bereit», sagt Fischer.
Der Feind von innen
Umstritten war das Zivilverteidigungsbuch damals vor allem wegen des Feindbilds, das darin gezeichnet wurde. Gewarnt wurde nicht nur vor dem Feind von aussen, sondern gerade auch von innen, der die Schweiz mit fremden Ideen unterwandere. Damit war klar die Linke im Visier. Es galt, alle Sozialisten, Kommunisten und Kritiker am Staat zu bekämpfen. Die Empörung war gross. Sogar im Bundesrat gab es Stimmen, die sich für eine sachlichere Darstellung einsetzten.
«Natürlich ist die Gefahr von innen auch heute ein Thema», sagt Fischer. «Grund dafür ist die massive Heterogenisierung unserer Gesellschaft.» Was der SVP-Nationalrat damit meint: der steigende Ausländeranteil – und immer weiter auseinanderdriftende Ideologien. Ein heisses Eisen, das weiss auch Fischer. «Aber wenn wir hier eine inhaltliche Diskussion auslösen, ist das nicht nur schlecht.»
Zumindest zur geistigen Landesverteidigung ist die SVP auch ohne Zivilverteidigungsbuch bereits gerüstet.