An der Delegiertenversammlung der SVP in Langenthal BE weibelte SVP-Bundesrat Albert Rösti (56) für das Stromgesetz, das am 9. Juni an die Urne kommt: Wichtig sei, dass die Schweiz ihre Stromproduktion erhöhen könne, nur so könne das Land seine Souveränität stärken. Das Gesetz soll den Ausbau der erneuerbaren Energien aus Wasser, Sonne und Wind fördern.
Doch weder Röstis eindringliche Worte noch seine Unterstützerinnen und Unterstützer – von den tonangebenden SVP-Energiepolitikern wie Christian Imark (42) und Jakob Stark (65) bis hin zum ehemaligen Fraktionschef Adrian Amstutz (70) – konnten überzeugen: Die Delegierten sagten mit 242 zu 149 deutlich Nein zu Röstis Gesetz.
Dettling hatte zuvor Stimmung gemacht
Damit setzt sich die neue Parteileitung um den Schwyzer Marcel Dettling (43) durch. Dieser schwieg zwar in der Debatte in Langenthal – doch eine Wortmeldung war gar nicht nötig. Der Landwirt hatte die Nein-Parole schon seit Wochen in unzähligen Interviews und Stellungnahmen vorgebetet: Klimaerwärmung sei doch gar nicht so schlecht für die Bauern, Windräder seien ihm «ein Graus», das alles werde sowieso viel zu teuer.
Und so konnte es Dettling seiner Vizepräsidentin Magdalena Martullo-Blocher (54) überlassen, im Saal Stimmung gegen Röstis Gesetz zu machen. Solar- und Windkraft ermöglichten keine sichere Stromversorgung, konterte diese, dazu müssten viel zu viele gebaut werden – «viele Windräder und Solarpanels für wenig Strom», so Martullo-Blochers Bilanz.
In einer lebhaften Debatte äusserten sich zahlreiche Kritiker und Befürworter der Vorlage. SVP-Bundesrat Guy Parmelin (64) etwa betonte, das Gesetz sei die einzige Alternative, um die Abhängigkeit vom Ausland und das Risiko einer Strommangellage zu verringern.
Zum zweiten Mal gegen die Partei
Viele Kritiker befürchteten eine Verschandelung der Landschaften und eine Einbusse der Gemeindeautonomie. Die bevölkerungsreichen Städte täten herzlich wenig für die Stromproduktion. Dies geschehe einmal mehr vor allem auf dem Land, sagte etwa der Zürcher Kantonsrat Domenik Ledergerber (37). «Ich will nicht, dass meine Heimat dafür verschandelt wird», sagte er. Und sprach damit vielen SVPlern aus dem Herzen.
Damit muss Rösti nun schon zum zweiten Mal gegen seine eigene Partei antreten: Schon im vergangenen Juni hatte er das Klimaschutzgesetz vertreten müssen, das die SVP ablehnte und dabei auch den eigenen Bundesrat ins Visier nahm. Ein Trost wird ihm gewesen sein, dass er den Hosenlupf gewinnen konnte: Die Schweizerinnen und Schweizer sagten mit 59,1 Prozent deutlich Ja zum Klimaschutzgesetz. (sf/SDA)