Streit um Dublin-Flüchtlinge
Italien stellt auf stur

Die Erwartungen der Schweiz sowie weiterer Dublin-Staaten wurden enttäuscht: Italien weigert sich weiterhin, Flüchtlinge zurückzunehmen, für deren Asylgesuch das Land laut Dublin-Abkommen eigentlich zuständig wäre.
Publiziert: 16.01.2023 um 17:10 Uhr
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Aktualisiert: 17.01.2023 um 01:07 Uhr
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Am Bahnhof Chiasso greifen Grenzwächter immer wieder illegale Migranten auf. Noch immer aber können sie nicht nach Italien zurückgeschafft werden.
Foto: Keystone

Die Grenzen bleiben dicht. Italien fährt weiter seinen harten Kurs. Weil übers Mittelmeer laufend neue Migranten eintreffen, nimmt die neue Regierung von Giorgia Meloni (45) seit Anfang Dezember keine Dublin-Flüchtlinge mehr zurück.

Italien will mit dem Aufnahmestopp Druck auf die anderen europäischen Staaten machen, mehr Flüchtlinge zu übernehmen. In Italien selber seien die Aufnahmekapazitäten ausgeschöpft. Die Schweiz kann deshalb rund 170 Personen nicht zurückschaffen, obwohl gemäss Dublin-Abkommen Italien als Einreiseland zuständig wäre. Dabei ist die Migrationssituation auch hierzulande angespannt.

Das Warten dauert an

Eigentlich war den betroffenen Dublin-Staaten gemeldet worden, dass der Aufnahmestopp bereits nach den Festtagen wieder beendet werde. Die Hoffnung aber wurde enttäuscht. Das Staatssekretariat für Migration (SEM) erwartete, dass Italien spätestens ab dem 6. Januar wieder Dublin-Flüchtlinge zurücknehmen werde: «Diese Erwartung wird von anderen betroffenen Dublin-Staaten geteilt.»

Doch der Aufnahmestopp aus dem gesamten Dublin-Raum gilt nach wie vor. «Die Schweizer Behörden stehen sowohl auf operativer als auch auf politischer Ebene in engem Kontakt und konstantem Austausch mit den italienischen Behörden, der Europäischen Kommission sowie den anderen europäischen Staaten, die von dieser Entscheidung direkt betroffen sind, um aktiv nach Lösungen für diese Problematik zu suchen», versichert SEM-Sprecher Lukas Rieder.

Die Schweizer Behörden hoffen weiterhin, «dass der Aufnahmestopp bald aufgehoben wird».

«Das Asylsystem hat versagt»

Auf politischer Ebene hat der Aufnahmestopp Italiens dennoch für rote Köpfe gesorgt. «Das Asylsystem hat versagt», polterte SVP-Präsident Marco Chiesa (48). Der einseitige Vertragsbruch der neuen italienischen Regierung zeige deutlich auf, dass das Schengen-Dublin-System nicht funktioniere. Die EU-Aussengrenzen seien nach wie vor zu wenig geschützt.

SVP-Präsident Chiesa hatte sogar gefordert, illegal eingereiste Asylsuchende in ein afrikanisches Land abzuschieben. Er verwies dabei auf das Beispiel Grossbritannien, das ein Abkommen mit Ruanda geschlossen hat. Asylanträge sollen künftig in Ruanda und nicht in Grossbritannien geprüft werden. Dies soll Menschen von der Überfahrt über den Ärmelkanal auf die Insel abschrecken.

Der Bundesrat seinerseits hält solche Pläne für die Schweiz für nicht realistisch. Für die Übernahme von Dublin-Flüchtlingen muss er damit weiter auf Italien warten. (dba)

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