Die Corona-Fallzahlen sinken rasch! Und das trotz weiterer Lockerungen. Am Mittwoch meldete das Bundesamt für Gesundheit (BAG) 717 neue Fälle. Eine Woche zuvor waren es noch 996 Fälle. Und eine Woche zuvor waren es sogar 1554 Fälle.
Wie ist das möglich? Die Erklärung sind die Impfungen. Je rascher geimpft wird, desto rascher sinken die Fallzahlen. Und die Schweiz hat mittlerweile den Impf-Turbo gezündet.
Die Zauberformel heisst «exponentieller Zerfall»
Es ist einfache Mathematik, die diese rasante Entwicklung erklärt. Zu Beginn der verschiedenen Wellen waren wir mit einem exponentiellen Wachstum konfrontiert: In nur wenigen Tagen können sich die Fallzahlen verdoppeln.
Parallel dazu gibt es das Prinzip des exponentiellen Zerfalls – die Fallzahlen können sich in der gleichen Zeit auch halbieren. Anhand dieses mathematischen Prinzips zeigt die amerikanische Professorin Zoë McLaren in der «New York Times» auf, was in der kommenden Phase der Pandemie zu erwarten ist: Warum sich die Lage mit steigenden Impfraten schnell verbessert und warum es wichtig ist, auch nach sinkenden Fallzahlen einige Schutzmassnahmen beizubehalten.
Auf den starken Rückgang folgt eine längere Phase mit tiefen Zahlen
Jeder verhinderte Fall unterbricht Ansteckungsketten, was viele weitere Fälle verhindert. Das bedeutet, dass die Massnahmen bei hohen Fallzahlen einen starken Rückgang bewirken können. Bei tieferen Zahlen führen sie zu einem geringeren Rückgang. Eine Reduzierung von 1000 Fällen um die Hälfte pro Tag würde zum Beispiel eine Reduzierung von 500 Fällen an Tag 1 und 125 Fällen an Tag 3 bedeuten, aber nur noch 31 Fälle an Tag 5.
Das Ende der Pandemie in der Schweiz dürfte daher so aussehen: Ein starker Fallrückgang gefolgt von einer längeren Phase mit tiefen Fallzahlen, wobei die Fälle wieder steigen werden, wenn die Schutzmassnahmen zu früh gelockert werden. Dieses Muster habe sich etwa bei älteren Menschen bestätigt, die frühzeitig Zugang zu Impfungen hatten. Aber auch in Ländern wie Israel, die die Pandemie in den Griff bekommen haben.
Wichtiges Ziel ist das Erreichen der Herdenimmunität. Sie treibt die Fälle gegen Null, indem sie die Ausbreitung des Virus durch eine Kombination aus Impfung und Immunität nach einer Infektion verlangsamt. So sind immer weniger Menschen anfällig für eine Infektion. Neue Ausbrüche werden rascher gestoppt – und werden immer seltener.
Ist die Herdenimmunität erreicht, sind wir über dem Berg
Dabei hilft alles, was die Übertragungen verlangsamt: Masken, Testen und weitere Schutzmassnahmen – gerade auch angesichts neuer Varianten. Weil immer mehr Menschen geimpft sind, können diese Massnahmen schrittweise gelockert werden. Es wird einfacher, die Fallzahlen tief zu halten. Und sobald genügend Menschen geimpft sind, wird es fast mühelos sein. Das ist das Geheimnis der Herdenimmunität. Und die Kraft des exponentiellen Zerfalls.
In der Schweiz sind wir noch nicht soweit. Mittlerweile sind über 1,5 Millionen Menschen zweimal gepikst worden. Das sind gut 20 Prozent der Bevölkerung. Und rund ein Drittel hat zumindest eine Erstimpfung erhalten.
«Das Schlimmste könnte schneller vorbei sein, als Sie denken»
Wenn es so weitergeht, endet die Pandemie am 7. Oktober – also in etwas mehr als vier Monaten. Dies errechnet der Online-Simulator «Pandemieende.ch». Bis dann sollte die Herdenimmunität erreicht sein. Dazu ist voraussichtlich eine Durchimpfung der Bevölkerung von 80 Prozent nötig.
Das ist mit ein Grund, warum Gesundheitsminister Alain Berset (49) auf eine Impfung auch von Kindern drängt. Immerhin sind rund 20 Prozent der Bevölkerung 20 Jahre und jünger.
Doch: Das alles tönt einfacher, als es sein dürfte. Denn sobald die Fallzahlen sinken, wollen viele die Corona-Massnahmen rasch lockern. Umgekehrt wird immer wieder gezögert, wenn die Zahlen wieder steigen. Das Gute daran: Je tiefer die Fallzahlen sind, desto weniger dramatisch sind die Schwankungen. Und weil immer mehr Menschen geimpft sind, nehmen die Schwankungen stets weiter ab.
Jede Impfung hilft. Genauso wie das Einhalten von Schutzmassnahmen. «Das alles macht es dem Virus fast unmöglich, sich zu verbreiten und unterbricht gleichzeitig viele Übetragungsketten», betont Professoerin McLaren. Und sie macht Hoffnung: «Das Schlimmste der Pandemie könnte schneller vorbei sein, als Sie denken.» (dba)