Stammgäste im Nobelhotel
Hier umgarnen die Lobbyisten unsere Politiker

Die Herbstsession des Parlaments läuft – und mit ihr ein bunter Reigen an Anlässen von Firmen und Verbänden, die nur ein Ziel haben: die Ratsmitglieder zu beeinflussen.
Publiziert: 17.09.2023 um 16:15 Uhr
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Wo Politiker sind, sind Lobbyisten nicht weit.
Foto: Keystone
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Thomas Angeli
Beobachter

Ein Apéro hier, ein Dinner da, ein «Parlamentarier-Fondue» dort: Wenn viermal im Jahr die Mitglieder von National- und Ständerat in Bern zusammenkommen, dann werden dort nicht nur Entscheide getroffen, sondern vor allem auch welche vorgespurt.

Lobbyistinnen und Lobbyisten aller Couleur haben in den jeweils drei Sessionswochen Hochkonjunktur. Es ist für sie die Gelegenheit, Parlamentarierinnen und Parlamentarier von ihren Anliegen und Positionen zu überzeugen. 

Stammgäste im Nobelhotel

Das geschieht längst nicht nur in der Wandelhalle des Bundeshauses, sondern vielmehr um das Parlamentsgebäude herum. An Anlässen während der Mittagspause oder nach dem Sitzungsende am Abend. Die Transparenzplattform Lobbywatch dokumentiert diese Anlässe seit mehreren Jahren. Für die laufende Herbstsession hat sie 40 Anlässe gezählt. Allein deren acht finden im noblen Hotel Bellevue Palace statt.

Gewisse Verbände und Interessengruppen sind dort quasi Stammgäste mit ihren Lunches und Dinners für Parlamentsmitglieder. Economiesuisse, der Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr (Litra), der Chemie- und Pharmaverband Scienceindustries oder Suissedigital verköstigen dort praktisch in jeder Session Parlamentsmitglieder. 

Lobbying im privaten Restaurant

Andere Hotspots des Lobbyings in Bundesbern sind das Hotel Schweizerhof, das Casino, das von der Lobbyfirma Furrer Hugi betriebene Privatrestaurant Clé de Berne oder das Raiffeisen Forum, das Lokal für sogenannte Public Affairs der gleichnamigen Bankengruppe. 

Die Themen der Lobbyanlässe sind immer wieder ein guter Indikator dafür, welche Themen Unternehmen und Verbände gerne in die Politik einbringen möchten. Was in der Herbstsession 2023 auffällt: Zu den Themen, die eine SRG-Umfrage im Juli als «grösste Herausforderungen an die Politik» identifizierte, finden kaum Veranstaltungen statt: Klimawandel, Gesundheitskosten und Zuwanderung sind nur am Rand ein Thema.

Immerhin sorgt sich etwa die Auslandschweizer-Organisation über «Krankenkassenversicherung für Auslandschweizer:innen» (bei einem Frühstück am 13. September im Bundeshaus). Raiffeisen und die Klimastiftung Schweiz stellen ihren Mittagsanlass mit Bundesrat Albert Rösti unter das Motto «Klimakrise: KMU lavieren nicht, sie handeln!». Sonst: Stille zu den Themen, die die Bevölkerung bewegen.

Energie treibt Lobbyisten um

Das grosse Thema der Lobbyevents ist in der Herbstsession die Energie: «Ist die Energieversorgung im Winter sichergestellt?», lautete die Frage etwa in der Eventreihe Energie im Raiffeisen Forum. Sie wird von nicht weniger als sieben Lobbyverbänden (von Avenergy über Swiss-Eole bis zum Verband Schweizerischer Elektriztätsunternehmen) organisiert.

«Wie viel und welche Energie muss die Schweiz in Zukunft importieren?»: Diese Frage will die Parlamentarische Gruppe Wasserstoff/Power-to-X klären. Eine Antwort scheint hingegen die Parlamentarische Gruppe Erneuerbare Energien gefunden zu haben: «Mit elektrischen und thermischen Speichern zur Versorgungssicherheit». 

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Das ist ein Beitrag aus dem «Beobachter». Das Magazin berichtet ohne Scheuklappen – und hilft Ihnen, Zeit, Geld und Nerven zu sparen.

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Eine kleine Prognose sei nach dieser Tour d'Horizon durch die Lobbyanlässe während der Herbstsession gewagt: Das neue Parlament wird sich bald nach den Wahlen sehr intensiv mit Energiefragen beschäftigen. Die Lobbys werden dafür sorgen.

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