Wegen eigenem GLP-Kandidaten
Beim Dachverband ist Feuer im Dach

Der Umwelt- und Energie-Chef von Economiesuisse will für die Grünliberalen in den Nationalrat. Das kommt nicht überall gut an.
Publiziert: 16.07.2023 um 14:46 Uhr
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Kann Job und Politik laut eigenen Angaben trennen: Kandidat Keberle.
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Reza RafiChefredaktor SonntagsBlick

Die Zeiten der geeinten Wirtschaftslobby sind vorbei. Das hat sich bereits beim Knorz mit Brüssel gezeigt, wo sich Euroturbos und Isolationisten unversöhnlich gegenüberstehen.

Eine Zerreissprobe droht dem Wirtschaftsdachverband Economiesuisse auch in der Umwelt- und Energiepolitik. Innerhalb des bürgerlichen Lagers sorgen Lenkungsabgaben, Solarausbau und AKW für einen erbitterten Richtungsstreit. Erst recht im Wahljahr.

Nichts bringt das besser auf den Punkt als die Personalie, die in der Schaltzentrale an der Hegibachstrasse in Zürich gerade zu reden gibt: Alexander Keberle (31), gefragter Energieexperte und Interviewpartner, kandidiert im Herbst auf der Liste der Zürcher Grünliberalen für den Nationalrat.

SVP und FDP zahlen Lohn mit

Pikant an der Sache: Keberle ist Geschäftsleitungsmitglied von Economiesuisse und dort Bereichsleiter Umwelt, Energie und Infrastruktur, also für das hoch umstrittene Dossier verantwortlich. Wie SonntagsBlick in Erfahrung bringen konnte, ist man in den Leitungsgremien der Lobby-Organisation «not amused». «Leitende Angestellte des Verbandes sollten sich bei politischen Ämtern zurückhalten», sagt ein Vorstandsmitglied, «erst recht in einem brisanten Bereich wie der Energiepolitik.» Zumal Keberles Lohn – wie der Wirtschaftsmann betont – auch von Verbandsmitgliedern finanziert wird, die der SVP oder dem rechten Flügel des Freisinns angehören, einem umweltpolitisch völlig anderen Biotop als dem der Grünliberalen.

Keberle betont auf Anfrage, dass er überzeugt sei, dass ein Wirtschaftsverband breit aufgestellt sein müsse. «In den Statuten bekennt sich Economiesuisse zu einer liberalen, nachhaltigen Marktwirtschaft. Eine Wirtschaft, die nicht die Umwelt schützt, wird langfristig nicht erfolgreich sein.»

Umgekehrt sei «Umweltschutz, der die Wirtschaft nicht stärkt, selbst nicht nachhaltig». Überdies trenne er ganz klar zwischen seiner Funktion bei Economiesuisse und seiner Partei, «bisher bin ich aber nie in einen solchen Konflikt gekommen».

Der energiepolitische Bruch, der sich mitten durch das bürgerliche Lager zieht, zeigt sich auch im Zerwürfnis zwischen Economiesuisse-Präsident Christoph Mäder (64) und Vorstandsmitglied Magdalena Martullo (53).

Die beiden überwarfen sich wegen des Klimagesetzes, das von Martullos SVP bekämpft, aber von Economiesuisse unterstützt wurde. Mäder wird laut «Weltwoche» den Verwaltungsrat der Ems-Chemie verlassen. Die Differenzen mit der Konzernchefin wurden zu gross.

Die Zeiten der geeinten Wirtschaftslobby sind vorbei.

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